Seite - XIII - in Kronprinz Rudolf - Politische Briefe an einen Freund 1882-1889

gestellt und die Folge davon war ein vollständiger Kurs- wechsel der österreichischen Politik im Jahre 1879. An Stelle des Dominierens der deutsch-liberalen Partei trat die Herrschaft der slawisch-klerikalen Koalition. Kron- prinz Rudolf aber, ein überzeugter und feuriger Anhänger des freiheitlichen Gedankens, war ein entschiedener Geg- ner dieses Systems, welches er als verhängnisvoll für Österreich erachtete. Erreg'te aber die Entwicklung der inneren österreichischen Politik in ihm die schwersten Bedenken, so verfolgte er mit noch größeren Sorgen den Lauf der äußeren Ereignisse. Ihm ward es klar, daß über kurz oder lang der kriegerische Zusammenstoß zwischen Österreich-Ungarn und dem Zarenreich unausweichlich sein werde. Trotz der Drei-Kaiser-Zusammenkunft in Skiernewice, trotz der Entrevue zwischen Kaiser Franz Joseph und dem Zaren Alexander III. in Kremsier trat immer unverhüllter der Gegensatz zwischen der habs- burgischen Monarchie und Rußland an den Tag. Zu jener Zeit aber war Rußland noch isoliert, das Bündnis mit Frankreich lag noch in weiter Ferne und England er- blickte im Zarenreich seinen gefährlichsten Gegner. Vom Jahre 1885 bis ins Jahr 1888 hinein schien es wiederholt, als ob in jedem Augenblick der Krieg zwischen Österreich- Ungarn und Deutschland auf der einen und Rußland auf der andern Seite ausbrechen müßte. Der serbisch-bul- garische Zusammenstoß, die Entthronung des Battenber- gers durch von Rußland bezahlte Meuterer, die Wahl Ferdinands von Coburg zum Fürsten von Bulgarien — jedes dieser Ereignisse schuf neuen Konfliktstoff. Damals aber verzogen sich noch die Wetterwolken, um sich später desto grimmiger zusammenzuballen. Kronprinz Rudolf war ein aufrichtiger Freund des Bündnisses mit Deutschland, allein nur in der Begrenzung, daß Öster- reich-Ungarn nicht dadurch in Abhängigkeit von der XIII