Seite - XV - in Kronprinz Rudolf - Politische Briefe an einen Freund 1882-1889

Beurteilung der europäischen Politik in den achtziger Jahren sind. Aber es sollte auch das Bild eines Fürsten dem Dunkel der Vergangenheit entrissen werden, der, wohl nicht frei von den Irrtümern seiner Zeit, großen Zielen zustrebte, seinen Beruf, zu dem ihn unleugbare geistige Begabung in hohem Maße befähigte, ernst auf- faßte und der, wenn er zur Herrschaft gelangt wäre, viel- leicht manches Unglück verhindert hätte. Es sollte aber nicht sein. Die Tragödie des liberalen Kronprinzen ist zur Tragödie des Liberalismus, sein und Kaiser Friedrichs Schicksal zum Brand Europas geworden. * Zur Entstehungsgeschichte des Briefwechsels zwischen dem Kronprinzen Rudolf und meinem im Jahre 1902 ver- storbenen Vater Moriz Szeps, dem Begründer und Her- ausgeber des „Neuen Wiener Tagblatt", später des „Wie- ner Tagblatt", sei nur folgendes mitgeteilt: Kronprinz Ru- dolf äußerte gegenüber dem berühmten Gelehrten Dr. Karl Menger, der seinLehrer der Volkswirtschaftslehre gewesen und der ihn auch auf seinen Reisen nach London und Paris begleitete, den Wunsch, hervorragende Publizisten kennen zu lernen. Professor Menger, der mit Moriz Szeps sehr befreundet war, führte diesen im Jahre 1882 beim Kron- prinzen Rudolf ein. Gleich die erste zweistündige Unter- redung brachte den Kronprinzen und den Publizisten ein- ander sehr nahe und es entwickelte sich ein vertrautes Freundschaftsverhältnis, von dem die hier veröffentlichten Briefe Zeugnis geben und das ungetrübt bis zum Tod des Kronprinzen währte. Es soll noch bemerkt werden, daß die Briefe des Kron- prinzen an Moriz Szeps unverkürzt wiedergegeben wer- den. Nur solche Stellen fielen aus, die sich entweder auf