Seite - 8 - in Kronprinz Rudolf - Politische Briefe an einen Freund 1882-1889

In einer Ihrer letzten Nummern brachte man die sichere Nachricht, daß meine Frau und ich zu den preußischen Manövern nach Schlesien reisen werden; das kann ich als vollkommen unbegründete Nachricht dementieren. Heuer dürfte ich wohl kein zweites Mal nach Preußen zu Besuch kommen, und eben für den September sind ganz andere Reisepläne schon bestimmt worden. Unter dem Siegel größter Verschwiegenheit teile ich Ihnen mit, daß in der ersten Hälfte September unser Kai- ser mit uns beiden, auch meiner Frau, da die Kaiserin nicht geht, nach Monza bei Mailand zum Gegenbesuch bei dem italienischen Königspaar reisen wird. Ich bitte Sie, das ja jetzt nicht in das Blatt aufzunehmen, da, soviel ich weiß, außer einigen Vertrauenspersonen in Wien noch niemand davon weiß, weil noch nicht alle Verhandlungen diesbezüglich zu Ende geführt sind. Man wüßte jetzt gleich, woher Sie diese Nachricht haben; wenn Sie dann, womöglich auch als erster in den Wiener Blät- tern, davon schreiben, bitte ich es als Brief aus Mailand zu tun, und auch zu sagen, daß in Monza große Vorberei- tungen getroffen werden und andere solche Phrasen, da- mit man von der richtigen Spur abgelenkt wird. Sie wer- den vielleicht über meine Vorsicht lachen, doch ich muß sehr acht geben, da ich leider schon einige Male besonders in Äußerungen unvorsichtig war und seither in Wiener sehr hohen, konservativen Kreisen den Ruf eines „Unberechen- baren" habe, was sehr fatal ist, da man bei Sachen, wo man sonst gar nicht an mich denken würde, gleich miß- trauensvolle Blicke auf mich wirft. Ich bitte daher erst am 8. Juli diese Nachricht zu brin- gen, mir aber Ihre Adresse bis dahin zu übersenden, da ich höre, daß Sie in drei Tagen wieder Wien verlassen. Wenn Sie auswärts sind, wo ich also nicht durch einen sicheren Boten den Brief bestellen kann, bitte ich auf den 8