Seite - 12 - in Kronprinz Rudolf - Politische Briefe an einen Freund 1882-1889

zulassen, den zweiten Fehler begangen, die Korrespondenz mit der D. fortzusetzen, er tat es m i t R ü c k s i c h t a u f den schwangeren Zustand der Frau, deren exzentrischen heftigen Charakter er kannte, und weil er sich mit der Hoffnung schmeichelte, das Liebesverhältnis in ein platonisches Freundschaftsverhältnis umzuwandeln — sie aber spekulierte auf anderes, denn sie hat ihm ein- mal unzweideutig geschrieben, sie wolle alles oder nichts. Da ihr aber mein Sohn nur das bieten konnte, worüber er verfügte, so hat sie sich und ihn verderben wollen. Für meinen Sohn war es ein furchtbarer Schlag, denn die Selbstmörderin war ihm keineswegs gleichgültig ge- worden, was daraus hervorgeht, daß er sofort ein feier- liches Begräbnis, Blumen, Grabstein etc. etc. anordnen zu können glaubte, was ich später abstellte, und nicht im Verhältnisse zu einem Vergehen, welches man vom welt- lichen Standpunkte aus, ein alltägliches nennen kann — aber auch für mich war es ein schwerer Schlag, denn ich halte meinen Sohn für begabt und gut und hoffe zu Gott, daß er ein tüchtiger Mann wird. Franz Coudenhove, m. p. Reichstadt, 4. Juli 1882 Lieber Herr Szeps! Innigsten Dank für Ihren interessanten Brief und die Übersendung der zwei Bücher. Ich wäre sehr dankbar, wenn ich Sie am 9. Juli früh 9 Uhr in Prag sprechen könnte. Ich bitte, mir rechtzeitig Ihre Adresse in Prag bekanntzugeben. Vor allem muß ich Sie bitten, ja nichts wegen der eventuellen Reise in Ihr Blatt zu nehmen, denn, wie es scheint, ist die Geschichte wieder sehr zweifelhaft geworden. Mit vielen Grüßen Ihr Rudolf 12