Seite - 63 - in Kronprinz Rudolf - Politische Briefe an einen Freund 1882-1889

mit dem König von Serbien" nach Steiermark; in der Eisenbahn sowie auch während einer Wagenfahrt hatte ich Gelegenheit, mit ihm längere Zeit zu sprechen, und ich bemerkte, daß er viele für uns bedeutungsvolle Dinge wisse. Auf das hin lud ich ihn zum Speisen für den 18. nach Laxenburg ein. Wir speisten zu zweien ganz allein; ich gab ihm viel moussierenden Burgunder in vino Veritas! und er wurde gesprächig und ich konnte ihm sehr vieles und in der Tat interessante Dinge entlocken. Nicht alles ließe sich für uns journalistisch ausnützen, vieles ist zu konfiszierbar oder zu geheim ; doch immerhin bleiben einige Dinge, die Effekt machen würden. Mit den besten Grüßen von uns beiden Ihr Rudolf Laxenburg, 30. September 1883 Lieber Szeps! Morgen vormittag muß ich mit dem Kaiser nach Steier- mark und da kann ich Sie leider nicht mehr sehen und es wäre eine mündliche Besprechung gut gewesen. Gestern brachte der König Milan den ganzen Tag bei mir zu. Ich konnte mittels der probaten Burgunder-Mani- pulation ihn sehr zum Sprechen bringen. Er ist noch ent- schlossener, aber noch ernster gestimmt als vor seiner Reise nach Homburg. Die einstweilen noch mehr beäng- stigenden Zustände in seinem Lande, die Situation des Fürsten von Bulgarien und die Aussicht, dem sicheren Untergang seines Königtums entgegenzugehen, geben ihm den wahren Galgenhumor und den echten Spieler- leichtsinn. 63