Seite - 79 - in Kronprinz Rudolf - Politische Briefe an einen Freund 1882-1889

wenig nützte, gereicht mir dies zur großen Freude. Bei- liegend stelle ich den militärischen Aufsatz aus Galizien zurück, da ich nicht weiß, ob Sie denselben nicht noch brauchen. Auf die kommende Woche bin ich sehr ge- spannt; sie kann vielleicht gute Tage geben! Mit den herzlichsten Grüßen Ihr Rudolf •r Wien, 23. Jänner 1884 Lieber Szeps! Futtaky bat ich heute, zu mir zu kommen, um mir alles mitzuteilen, was er über Tisza weiß. Beide sind heute nach Budapest zurückgefahren. Tisza war gestern beim Kaiser, machte eine Szene! Sagte, man hätte von Wien aus in Kroatien, bei dem Antisemitismus, bei der Oberhaus- Affäre die Hand Im Spiel; er wurde schweigend angehört, auf heute bestellt. Vor ihm mußte Orcsy58 kommen, wurde gefragt, ob er auch so schwarz sehe wie Tisza, als er es bejahte — lebhafter Eindruck. Kaiser gab Tisza vollkom- menes Vertrauensvotum, ging auf seine Bemerkungen über die Gefahren, die für Österreich und Ungarn von den Neu- konservativen etc. drohen, ein, bemerkte aber, wegen der Einmischung der hiesigen in die kroatischen Angelegen- heiten müssen Beweise erbracht werden; war mit Tisza sehr gnädig; vom Ehegesetzentwurf9 sind abgegangen, hätte Tisza noch einmal wollen, hätte Kaiser die Herren vom Hofe zur Disposition gestellt. Obligatorische Zivilehe gibt er absolut nicht zu, doch freiwillige, wenn es sein muß! Der Kaiser bat um Entschuldigung, daß hiesige Herren hinunter gefahren sind, sagte aber im gereizten Tone, einem Schwarzenberg und Liechtenstein kann niemand etwas ausreden oder gar befehlen. Über Dezentralisation 79