Seite - 85 - in Kronprinz Rudolf - Politische Briefe an einen Freund 1882-1889

gar in das Polizeipräsidium, um für seinen Freund zu bit- ten, es konnte aber nichts zurückgenommen werden. Auf meine Frage hin, was nun die so strenge und ge- rechte hohe Polizei gegen den Fürsten Alois unternehmen wolle, antwortete Krticzka: Ja, zum Ausweisen liegt nicht genug Material vor; er hat ja nicht anarchistisch gehetzt. Doch wäre er kein Fürst, dann würde man ihn zur Polizei vorladen, um ihn zu warnen ; so kann natürlich nichts ge- schehen. Sancta simplicitas! Das sagt dieser brave Mann mir. Ich antwortete ihm auch in der unzweideutigsten Weise und setzte ihm auseinander, was ich über die ganze jetzige Wirtschaft, was über die Ursachen derselben und die Folgen in der Zukunft denke. Ich sagte ihm fürchterliche Dinge und weidete mich an den verlegenen Grimassen dieses guten Mannes, der nicht ja und nicht nein sagen wollte. Er hat gewiß alles dem Taaffe Wort für Wort wieder- holt, das kann vielleicht etwas absetzen, denn Taaffe fühlt sich und hält sich für unüberwindlich. Mit den herzlichsten Grüßen Ihr Rudolf Wien, 17. Februar 1884 Lieber Szeps! Besten Dank für Brief und Übersendung der höchst interessanten Notiz. Ich glaube, die Sache hat nicht nur viel Wahres an sich, sondern ist auch sehr ernst. Von der deutschen Botschaft geht es gewiß aus und ich wittere den Fürsten Bismarck dahinter. In diesem Sinne sprach er öfters mit mir. Ich hielt ihn lange für ehrlich, jetzt habe ich großes Mißtrauen schon seit einiger Zeit gegen Berlin und mit Grund. Warum unterstützt man die Politik des Grafen Taaffe in Berlin? Warum schmeichelt 85