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42 Maria.
dieses große Himmclsgeschenk empfanden, läßt sich wohl gar nickt
beschreiben. Freude und Verwunderung wurden noch größer, als
ganz unerwartet die Hirten des Feldes kamen, dem Neugcbornen
ihre Verehrung zu erweisen, und zugleich die Engclerschcinung, welche
sie wegen desselben gehabt hatten, erzählten. Jedes Wort, welches
die Hirten geredet hatten, behielt Maria in ihrer Seele, und über:
legte es in ihrem frommen Herzen, in welchem jene hohen Empfin-
dungen, die sie durch ihren Lobgcsang bei der Elisabeth ausgespro-
chen hatte, jetzt auf's Neue aufgeweckt, und noch lebendiger wurden.
Zum fortwährenden Andenken, daß Gott das Iudcnvolk aus
dem Egypterlande wunderbar errettet habe, mußte nach der Anord-
nung des Moses jedes crstgcborne Knäblein in dem Tempel darge-
bracht, und dabei von den Reichen ein Lamm, und von den Armen
ein Paar Turteltauben geopfert werden. Maria wäre aber nicht
verbunden gewesen, diesen Gebrauch mitzumachen, weil das Gesetz
nur für gewöhnliche Mütter, und nicht für die Mutter des Sohnes
Gottes gegeben war. Allein sie war zu demuthvoll, um eine beson-
dere Ausnahme für sich zu machen, und zu gehorsam, um nicht auch
den Buchstaben der göttlichen Vorschrift zu erfüllen; deßwegen war
ihr erster Gang nach der Geburt ihres Sohnes in den Tempel.
Mit welcher Ehrfurcht und Andacht sie in den Tempel Gottes trat,
mit welch gerührtem Herzen sie dem Vater im Himmel seinen Ein-
geborncn auf ihren Armen das erste Mal im Tempel darbrachte;
mit welcher heiligen Freude sie ihm für die Gnade, die Mutter eines
solchen Kindes zu seyn, dankte, läßt sich kaum denken, viel weniger
aussprechcn. — Ungeachtet Maria aus Davids königlichem Geschlechte
abstammte, so war sie doch arm, und sie schämte sich auch nicht, als
Opfer der Armen, ein Paar Tauben, im Tempel darzubringen. —
Nicht der Reichthum, sondern nur die Tugend bringt Ehre; nicht die
Armuth, sondern nur das Laster bringt Schande.
Voll der größten Verwunderung standen Maria und Joseph im
Tempel da, als ein ehrwürdiger, ihnen ganz unbekannter Greis, der
alte Simeon, und eine hochbetagte Wittwe, die fromme Anna, herzu-
kamen, das Kind in ihre Arme nahmen, und es, vom Geiste Got-
tes erleuchtet, als den verheißenen Messias verehrten. Tief drang
die merkwürdige Weissagung des Simeon in das Herz der heiligen
Mutter, welches durch dieselbe von der innigsten Anbethung der Rath-
schlüffe des Ewigen, und von der völligsten Ergebung in die vor-
angesagten kommenden Leiden erfüllt wurde.
Nach den Tagen der Opferung kehrten Maria und Joseph m,i
ihrem Kinde nach Bethlehem wieder zurück. Dieser Ort war ihnen
vorzugsweise lieb geworden, weil sie hier das göttliche Kind erhal-
ten hatten. Sie suchten sich deßwegen, sobald die fremden Leute,
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen