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welche zur Aufschreibung hergekommen waren, sich wieder entfernt
hatten, eine Herberge in dem Städtchen, um für immer da zu blei-
ben. Mit der zärtlichsten Muttcrsorgc pflegte Maria ihres göttlichen
Kindes. In stiller Einsamkeit sowohl, als in vertraulichen Gesprä-
chen mit ihrem Gemahle Joseph überlegte sie oft die hohe Würde,
und die große Bestimmung desselben; dadurch wurde ihre höchste
Ehrfurcht gegen Gott, und die ergebenste Anbethung der göttlichen
Rathschlüsse immer lebendig in ihrem Herzen erhalten. Zwei Jahre
mochten von der Geburt des göttlichen Kindes bereits verflossen seyn,
als auf einmal ganz unbekannte, vornehme Männer, die Weisen aus
dem Morgenlande, in die einsame Wohnung kamen, sich vor dem
Kinde auf ihr Angesicht niederwarfen, dasselbe anbetheten, und ihm
kostbare Geschenke zum Beweise ihrer größten Verehrung darbrach:
ten. Die Verwunderung und Freude, welche diese Begebenheit in
dcn Herzen der guten Aeltern verursachte, war unbeschreiblich groß.
Allein diese Freude wurde bald in tiefe Bekümmerniß verwandelt.
Schon fing die Weissagung des alten Simeon an in Erfüllung zu
gehen. Die weisen Morgenländer erhielten von Gott Befehl, nicht
mehr nach Jerusalem zurückzukehren, und zu gleicher Zeit ermähnte
eine himmlische Erscheinung auch den Joseph, daß er unverzüglich
sich aufmachen, und mit der Mutter und dem göttlichen Kinde nach
Egyptcn flüchten sollte, weil der böse jüdische König Herodes dem
Kinde nach dem Leben strebe.
Wie schwer mußte es der heiligen Familie, insbesondere der
göttlichen Mutter fallen, daß so liebgewordene Bethlehem zu verlas-
sen; eine so weite und mühselige Reise anzutreten, in einem frem-
den Lande unter lauter ganz unbekannten, sogar heidnischen Leuten
sich aufzuhalten, wobei ihr denn doch noch bisweilen der ängstigende
Gedanke einfallen mußte, daß der schlaue Herodcs den Aufenthalt
des Kindes erfahren, und dasselbe todten lassen möchte. Mit willi-
gem Gehorsame vollzogen die edlen Seelen dcn Befehl Gottes. Ei-
lig traten sie die Flucht nach Egyvten an. In stiller Zufriedenheit
setzten sie die beschwerliche Reise durch Sandwüsten und unwirth-
schaftliche Gegenden fort; verließen sich vertrauungsvoll auf den Schutz
des Allerhöchsten, und betheten die Rathschlüsse der ewigen Weisheit
an, die durch die Gaben der weisen Morgenländer ihnen hinlängliche
Mittel zur Bestreitung der Reise und des Aufenthaltes im fremden
Lande verschafft hatte. —- Heil dem Menschen, der in allen, auch
den widrigsten Zufällen seines Lebens -— so ganz, wie Maria —
auf Gott vertraut, in stiller Geduld die Rathschlüsse des Ewigen anbe-
thet, und nur bemüht ist, in willigem Gehorsame demselben zu folgen.
Hcrodes starb nicht lange nachher, als er dcn grausamen Kin:
dcrmord in Bethlehem durch seine Kricgsknechte vollbracht hatte.
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen