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50 Der heilige
Jungfrau Maria wissen wir, daß sie bald nachher, als sie durch
Einwirkung des heiligen Geistes empfangen hatte, zu ihrer Base
Elisabeth gegangen sey. Joseph wußte von dem göttlichen Geheim:
nisse, das mit seiner Braut vorgegangen war, noch nichts; er ge-
riech deßwegen in das größte Erstaunen, als er nach ihrer Zurück-
kunft von der Elisabeth bemerkte, daß sie gcsegin'ien ^'idl'5 sey. Er
liebte die Maria zärtlich; sie stand ihrer jungfräulichen Sittsamkeit
wegen bei ihm in der größten Hochschätzung; er konnte sie unmög-
lich einer strafbaren Untreue fähig halten. Er faßte in dieser Ver-
legenheit einen Entschluß, welcher uns die Redlichkeit seines Herzens
in dem liebenswürdigsten Glänze zeigt. Er war Willens, die Ma-
ria heimlich zu verlassen, auf eine Weise, durch welche sie vor aller
Beschimpfung und Strafe, sicher war. Er wollte ihr nämlich den
bei den Juden gewöhnlichen Schcidebrief geben, ohnc bei dem Ge-
richte es anzuzeigen, oder in dem Scheidebrief es auszudrücken:
„warum" er sie entlasse.—
Erscheint Joseph hier nicht als der tugendhafteste Mann?! In
dem Augenblicke, wo keine Entschuldigung für Maria möglicy scheint,
hält er doch noch sein Urtheil zurück; er entschließt sich zu dem, zu
was sich in einer solchen Lage nur die vollkommenste Rcchtschaffen-
heit entschließen kann. — Wie sehr wird durch dieses schönste und
nchrendste Beispiel des heiligen Josephs das Thun derjenigen be-
schämt, welche sich so leicht üblen Argwohn und freventliche Urtheile
gegen ihre Nebenmcnschcn erlauben, oder durch bloßen Schein zu
der so verderblichen Eifersucht verleitet werden!
Allein Gott wacht über die, welche ihr Vertrauen auf ilm setzen.
Er selbst riß den Joseph aus der großen Verlegenheit seines Herzens,
und rettete die Ehre der unschuldsvollen Maria. Er schickte dem Jo-
seph einen Engel zu, welcher ihm im Schlafe sagte: „Joseph, du
Sohn Davids! fürchte dich nicht, Maria, deine Braut, zu dir zu
nehmen; denn was in ihr empfangen ist, ist vom heiligen Geiste.
Sie wird einen Sohn gebähren, und du sollst seinen Namen „Jesus"
heißen! denn er wird sein Volk selig machen von seinen Sünden."
Voll des freudigsten Erstaunens über diese himmlische Belehrung
säumte n>un Joseph nicht mehr, die göttliche Anweisung zu befolgen,
und die Maria als seine Gemahlin zu sich zu nehmen, anbethend
die barmherzige Fügung der ewigen göttlichen Weisheit.
Joseph lebte mit Maria in der vollkommensten Eintracht, diente
Gott in allen Arten der Tugenden, und erwarb durch emsige und
unverdrossene Arbeitsamkeit für sich und seine geliebte Familie den Un-
terhalt. Sehr ungelegen kam der Befehl des Kaisers Augustus, ver-
möge welchem Joseph mit Maria nach Bethlehem reisen sollte, um
da sich aufschreiben zu lassen. Die Geburt des Messias war nahe.
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen