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Am 27. Dezember. 93
den. Wirklich war der Eifer dieser beiden Apostel so groß, daß er
ihnen einmal von ihrem Lehrer ernstlich verwiesen werden mußte,
weil er die von ihm geforderte Liebe und Sanftmuth überschritten
hatte. Der Vorfall wird von dem Evangelisten Lukas am 9. Ka-
pitel so erzählt: Jesus wollte von Galiläa nach Jerusalem durch
Samarien reisen. Er schickte den Iakobus und Johannes in eine
Stadt der Samariter voraus, eine Herberge zu bestellen. Allein
diese wurde ihnen versagt. Darüber geriethen die beiden Apostel in
solchen Unwillen, daß sie zu Jesus sagten: »Herr! willst du, daß
wir sagen, daß Feuer vom Himmel komme, und sie verzehren soll,
wie es auch Elias gethan hat?" Jesus aber wandte sich um, und
bestrafte sie, indem er sprach: „Wisset ihr nicht, wessen Geistes ihr
seyd? (Als meine Jünger sollet ihr sanftmüthig, gelassen, und von
aller Rachsucht entfernt seyn.) Der Sohn des Menschen ist nicht
gekommen, die Menschen zu verderben, sondern selig zu machen."
Lieblosigkeit, Unduldsamkeit und Rachsucht sind eines jeden Christen
unwürdig; der Geist der Liebe, der Gelassenheit und der Versöhnung
zeichnet alle würdigen Anhanger Jesu aus. — Johannes wurde
wegen seiner Unschuld und Herzenseinsalt von Jesus vorzüglich ge-
liebt, und der zärtlichsten Vertraulichkeit gewürdiget. Er war sich
dieses Vorzuges und der Freundschaft Jesu auch wohl bewußt, und
nennt sich deßwegen in seinem Evangelium mchrmal den Jünger,
den Jesus lieb hatte. Er thut es aber nicht, um sich zu rühmen,
sondern um sich mit freudiger Dankbarkeit dieser Liebe zu erinnern,
und sich dadurch zur Gegenliebe und zu einem, seines Meisters wür-
digen Betragen zu ermuntern. Auch wir sollen uns oft der Liebe
und Wohlthaten unsers Gottes dankbar erinnern, und uns bestreben,
dieser Liebe uns immer würdiger zu bezeigen. Jesus hat durch die
vertrauliche Liebe, die er dem Johannes schenkte, die Liebe der Freund-
schaft geheiliget. Der wahre Lhrist liebet alle Menschen; zeichnet
aber vertraute Freunde mit besonderer Liebe aus. — Bei allen wich-
tigen Auftritten in der Lebensgeschichte Jesu war Johannes zugegen.
Er war dabei, als Jesus die Schwiegermutter des Petrus gesund
machte. Jesus nahm ihn mit sich, als er die Tochter des Iairus
auferwcckte. Er nahm ihn mit sich auf den Berg zur Verklärung.
Hier sah Johannes mit Petrus und Iakobus das Angesicht seines
Lehrmeisters leuchten, wie die Sonne^ und seine Kleider glänzen, wie
neugefallener Schnee. Er sah den Moses und Elias, und hörte die
Stimme des himmlischen Vaters aus der Wolke: „Dieser ist mein
geliebter Sohn; den sollet ihr hören!" Wie Johannes hier auf dem
Berge der Zeuge der großen Herrlichkeit Jesu ist, so ward er nach-
her auch der Zeuge der schrecklichen Todesangst seines göttlichen Mei-
sters auf dem Oelberge. Bei dem letzten Abendmahle lag er zu-
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen