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116 Der heil. Apostel und
gerecht, wenn wir einen ganzen Stand verurtheilen, weil Einige da-
von sich mancher Vcrgehungen schuldig machen, und höchst eigensüch-
tig, wenn wir uns bloß deßwegen für gut halten, und von Andern
für gut angesehen-werden wollen, weil wir diesem oder jenem Stande
angehören. Sich deßwegen bei der Beurtheilung deines Mitmenschen
auf Verdienst oder Schuld, und nie bloß auf seinen Stand, und
auf das Gerede der Menschen. Wer einen Andern bloß seines Stan-
des wegen tadelt, ist ein Ungerechter, und wer einen andern bloß
seines Standes wegen lobt, ist ein Schmeichler. Voll Zutrauens
auf die Herablassung und Menschenfreundlichkeit Jesu lud nun Mat-
thaus ihn, sammt seinen Jüngern in sein Haus zu einer Mahlzeit
ein, bei der sich auch mehrere Zöllner cinfandcn. Dieß war nun den
Pharisäern ein großer Stein des Anstoßes; denn es war eines ihrer
Menschengebote, daß man mit Zöllnern, die ihnen verhaßt waren,
nicht essen, und nicht Umgang haben solle. Dieß verunreinigt, sagten
sie. Sie getrauten sich indessen doch nicht, dem göttlichen Lehrer
in's Angesicht zu widersprechen, weil er sie schon einigemal ähnlicher
Sachen wegen treffend abgewiesen und beschämt hatte. Sie machten
sich deßwegen an seine Jünger mit dem Vorwurfe: daß ihr Lehrer
so schlecht für seine Ehre und für die Ehre des Gesetzes (dafür hiel:
ten sie auch ihre scheinheiligen Menschensatzungen) sorge, indem er
mit Zöllnern und Sündern umgehe, ja sogar mit ihnen zu Tische
sitze. Jesus hörte die Reden der Pharisäer, und fertigte sie mit den
wenigen Worten ab: .)Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht, son-
dern die Kranken. Gehet hin und lernet, was es heiße: Ich will
Barmherzigkeit und keine Opfer; denn ich bin nicht gekommen, die
Gerechten, sondern die Sünder zu berufen!" Jesus wollte sagen:
die sich für ganz vollkommen halten, und ihre Seligkeit bloß auf
die Abstammung von Abraham bauen, wie ihr es thut, und folglich
nicht zu bessern sind, haben Mich, als Lehrer, so wenig von Nöthen,
als der Gesunde einen Arzt. Soll ich durch meine Lehre etwas
Gutes stiften, so muß ich mich an die wenden, die es erkennen, daß
sie fehlerhaft und der Besserung bedürftig, die somit auch der Be-
lehrung und Besserung fähig sind. Würdet ihr verstehen, was der
Prophet Hoseas mit den Worten „ich will Barmherzigkeit und nicht
Opfer," sagen will, so würde es euch so gar fremd nicht mehr vor-
kommen, daß ich mit den von euch verachteten, eines guten Unter-
richtes aber empfänglichen Leuten umgehe, und daß mir Zöllner und
Publikaner, bei welchen noch Menschenliebe anzutreffen ist, lieber
sind, als Menschen, welche alle Nächstenliebe vernachlaßigen, und
bloß auf den äußern Schein der Religion halten. Die Sünder glück-
lich zu machen, kam ich auf diese Welt; also kommt es mit dem
Zwecke meiner Sendung ganz übcrein, daß ich mit Sündern umgehe.
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen