Seite - 256 - in Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres - Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
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256 Die Heiligen, Perpetua und Felicitas.
morgigen Tage ihm Antwort geben wolle; denn sie hatte das volle
Vertrauen, daß Gott, der sie schon außerordentlicher Gnaden gewür-
digct hatte, es ihr offenbaren werde. Sie bat Gott um eine Offen-
barung, und ihre Bitte wurde erhört; denn Gott zeigte ihr in einem
Gesichte, daß sie die Marterkrone erlangen würde, und zwar zuerst
Satur, dann sie, und endlich alle Andere. Satur war nicht mit
den übrigen ergriffen worden, sondern hatte sich ihnen freiwillig zu-
gesellet, um sie im christlichen Bekenntnisse zu befestigen, zu dem er
sie durch seinen Unterricht gebracht hatte. Perpetua offenbarte die-
ses Gesicht sogleich ihrem Bruder, und den Mitgefangenen, und gab
nun mit diesen alle Hoffnungen dieser Welt auf.
„Nach wenigen Tagen," so fährt Perpetua zu erzählen fort,
„verbreitete sich das Gerücht, daß wir verhört werden würden. Aus
der Stadt kam mein von Kummer abgezehrter Vater zu mir, mich
zum Abfalle zu bewegen, und sprach: „Erbarme dich, Tochter! mei-
ner grauen Haare! Erbarme dich deines Vaters, wenn du mich
dieses Namens noch würdigest! Bedenke, daß ich dich mit diesen
meinen Händen zu dcr gegenwärtigen Blüthe deines Alters geführt,
und dich allen deinen Brüdern vorgezogen habe. Gib mich nicht
der Schmach der Menschen Preis. Schau auf deine Brüder, auf
deine Mutter, auf deine Base! Schau auf deinen Sohn, dcr nach
dir nicht wird leben können! Lasse fahren deinen Eigensinn, durch
den du uns alle verderbest! Keiner von uns wird ja frei reden
dürfen, wenn du etwas leiden wirst." So sprach mein Vater mit
väterlicher Zärtlichkeit, und nannte mich mit Thränen im Auge nicht
Tochter, sondern Gebictherin. Es dauerte mich mein im hohen Al-
ter ergrauter Vater, weil er allein von meiner ganze,, Familie sich
nicht freuen würde über meinen Martertod. Ist tröstete ihn, und
sagte: „Es wird mir auf der Blutbühne widerfahren, was Gott ge-
fällt. Wisse, daß wir nicht in unserer, sondern in Gottes Gewalt
stehen." Traurig ging er davon. Folgenden Tags, als wir bei der
Mahlzeit waren, wurden wir plötzlich auf den öffentlichen Platz ge-
schleppt, um verhört zu werden. Das Gerücht davon verbreitete
sich sogleich in den benachbarten Strassen, und der Zulauf des Vol-
kes war erstaunlich groß. Wir bestiegen das Gerüst. Die andern
wurden befragt, und bekannten sich als Christen. Da die Reihe an
mich kam, erschien mein Vater, mit meinem Sohne, zog mich eine
Stufe hinab, und sagte siehend: „Erbarme dich deines Kindes!"
Auch Hilarian, der Schatzmeister, welcher statt des verstorbenen Statt-
halters Timinianus die richterliche Gewalt ausübte, sprach: „Schone
deines ergrauten Vaters! Schone deines zarten Kindes! Opfere
für das Wohl der Kaiser!" „Das thue ich nicht", antwortete ich. „Bist
du eine Christin?" fragte Hilarian. Ich sagte: „Ja, ich bin eine
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen