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278 Der heilige Narcissus, Bischof zu Jerusalem.
den geliebten Hirten etwas vermochten, wcil sie von der Unschuld
und von der bewährten Heiligkeit desselben überzeugt waren, so ver-
ließ doch der heilige Bischof sein hohes Amt, entzog sich seiner Ge-
meinde, und verfügte sich in stille Einsamkeit. Er glaubte nämlich,
seinen heiligen Beruf nicht mehr gehörig verwalten zu können, wenn
auch nur ein Schatten des Verdachtes, daß er das angeschuldigte
Laster wirklich verübt habe, in einiger Herzen bleibe. Gott, der
mächtige Richter der Unschuld, rächte bald öffentlich die Schmach,
die dem unschuldigen Bischöfe angethan wurde. Die falschen Schwüre
der frechen Verleumder gingen in Erfüllung; über Jeden derselben
kam das Wehe, das er über sich herabgerufen hatte. Der Erste ver-
brannte mit den Seinigen in einer Fcuersbrunst, die nächtlicher Weile
unvcnnuthct in seinem Hause ausgebrochcn war. Der Zweite wurde
von dem grauenvollen Aussähe befallen, und starb. Der Dritte wurde
durch den traurigen Ausgang der beiden Ersten so sehr erschreckt, daß
er die boshafte Verleumdung öffentlich cingcstand, und die argen
Anschläge der Verleumder an den Tag legte. Er bereute von Her-
zen seine Bosheit in Thränen, die ihn des Gesichtes beraubten, und
büßte so glücklich seine Schuld. — „Du sollst kein Verleumder seyn
unter deinem Volke." (Z. Mos. 19, I '.) „Ein Dieb ist ein
schändliches Ding, aber noch schändlicher ist der Verleumder", sagt
Salomon.
Niemand wußte, wo der heilige Narcissus, nachdem er sich den
Augen seiner Gemeinde entzogen hatte, hingegangen sey, oder ob er
noch lebe. Deßwegen schritten die benachbarten Bischöfe zur Wahl
eines anderen Bischofes, und diese traf einen gewissen Dius, dem
bald Germanion folgte, und dann Gordius. Auf einmal kam, wie
von den Todten erstanden, der heilige Narcissus wieder zum Vor-
schein. Einstimmig baten ihn die Gläubigen, daß er das bischöfliche
Amt wieder übernehme. Der heilige Mann fühlte sich aber seines
hohen Alters wegen zu schwach, und Gott hatte schon einen andern
bestimmt.
Alexander, Bischof zu Flavia in Kapacodien, ein heiliger Be-
kcnner, hatte eine nächtliche Erscheinung, in der er aufgemuntert
wurde, nach Jerusalem zu reisen, um die heiligen Orte dort zu besuchen.
Die Gläubigen zu Jerusalem nahmen ihn mit herzlicher Liebe auf,
wollten ihn aber, als er wieder heimzukehren im Begriffe war, nicht
mehr von sich lassen. Denn Narcissus und die Heiligsten unter ih-
nen hatten eine göttliche Offenbarung gehabt, und eine Stimme hatte
sich laut vor den Ohren der Gemeinde vernehmen lassen, welche ih-
nen besaht, vor die Thore der Stadt hinaus zu gehen, um den von
Gott ihnen bestimmten Bischof zu empfangen. Sie thaten es, und
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen