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:!38 Der heilige Felir, Priester zu
blick dauerte diese Freude, und wurde in eben so große Bestürzung
verwandelt, da er bemerkte, daß der geliebte Greis ganz kraftlos,
wie in den letzten Zügen, jeder äußern Wahrnehmung beraubt, da-
liege. Was nur die brennendste Liebe eingeben kann, das that er,
den hochverehrten Freund wieder in's Leben zu bringen. Er rief
ihm Worte der Liebe zu, faßte ihn an, umarmte, küßte ihn, und
legte sich endlich auf den vor Frost erstarrten, und vor Hunger ab:
gemattcten Leib hin, um ihn zu erwärmen, und hauchte ihm seinen
Athem ein. Allein alle dicse Bemühungen der zärtlichsten Freund-
schaft blieben fruchtlos. Vergebens suchte er ringsumher ein Labsal
für den Freund. Jetzt warf er sich neben ihn hin auf die Kniee,
und sichte mit heißer Inbrunst zu Gott um Hilfe. Gott, welcher
der weinenden Agar, die in der Einöde ihren Sohn schmachten sah,
die Augen öffnete, daß sie cine Quelle gewahr wurde, weil er das
Jammergeschrei des Knabens vernommen hatte; der sein Volk in
der Wüste mit Manna, und seinen Propheten Elias durch den Dienst
der Raben einst ernährte, der eine klare Wafserquelle aus dem dür:
ren Felsen hervorrief, erhörte das Gebeth des Gerechten für den
Gerechten. Noch auf seinen Knieen liegend sah Felix auf einmal
eine Traube an einem Dornstrauche hangen. Eilig nahm er sie,
und drückte den Saft der Beeren durch die erblichenen Lippen, und
durch die schon fest geschlossenen Zähne in den Mund des sterbenden
Bischofs. Gott segnete die Gabe der Liebe, die vom Glauben er-
steht war. Der gute Greis kam zu sich, öffnete die Augen, und
fing an zu reden, nachdem seine dürre Zunge durch den eingeträufel-
ten Saft der Traube erweicht war.
Als er vollkommen zu sich selbst gekommen war, und seinen
geliebten Felix erkannte, erwiederte er mit der zärtlichsten Naterliebe
dessen Umarmungen, und fragte ihn, warum er so lange gezögert
habe, zu ihm zu kommen? „Wo hast du," sprach er, .,so lange
verweilt? Mein Sohn! Gott hat dich mir verheißen. Mein
schwächlicher Körper unterlag, wie du siehst, dem Elende, und kam
dem Tode nahe; mein Geist aber behielt die Standhaftigkeit. Die-
ses bezeuget dir der Ort, in dem du mich findest. Wäre meine
Sorge für mein Leben größer, als meine glaubige Zuversicht gewe-
sen, so hätte ich mich in einem Flecken, oder in einer andern Stadt
vor den Verfolgern verbergen können. Ich entsagte völlig der Zu-
flucht zu den Menschen, und flüchtete in dieses öde Gebirg, weil ich
mich ganz dem gnädigen Schutze Gottes überlassen wollte, daß er
nach seinem heiligen Willen mich entweder in diesem Leben erhalte,
oder zu sich in das ewige hinübernehme. Die Zuversicht, die ich
auf Gott setzte, hat mich nicht getäuscht. Er schickte dich zu mir,
damit du mich von der Schwelle des Todes, an der ich schon stand,
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen