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Märtyrer.
9. Februar.)
Die Eigenliebe erzeugt den Eigensinn, und Eigenliebe und Ei-
gensinn sind die unseligen Quellen arger Feindseligkeiten, und harter
Unversöhnlichkeit. In einem Herzen, in welchem die Eigenliebe herr-
schend geworden ist, hat wahre Nächstenliebe keinen Platz, und eben
deßwegen ist es auch eine Täuschung, wenn man glaubt, d^ß auf:
richtige Gottcslicbe in demselben wohne, denn: „Wer sagt, er liebe
Gott, dabei aber seinen Bruder hasset, der ist ein Lügner." (1 .
Ioh. 4). Wollten doch alle Feindselige die folgende Geschichte recht
oft lesen, und tief beherzigen!
Zu Antiochicn lebten zur Zeit des Kaisers Valerian ein christ-
licher Priester, Namens Sapricius, und ein Laie, d. i. ein Christ,
der nicht Priester war, der Nicephorus hieß, in so enger Freund-
schaft, daß sie den Gläubigen durch ihre brüderliche Eintracht nicht
weniger, als durch ihre andere ausgezeichneten Tugendvorzüge zum
erbaulichsten Vorbilde waren. Durch einen Zufall, den die Ge-
schichte nicht angibt, wurden die beiden Freunde entzweit. Die Ent-
zweiung wurde, weil sie das Feuer nicht gleich bei seinem ersten
Auflodern schon erstickten, zur Erbitterung, und diese endlich zu ei-
nem Hasse, welcher so groß wurde, als ihre vorige Liebe gewesen
war. Sie wichen einander überall, sogar auf öffentlicher Straße,
aus, und gaben durch ihre Feindseligkeiten den Gläubigen nicht we-
niger, als selbst auch den Heiden, vielfaches Aergerniß. Diese Feind-
schaft hatte schon lange Zeit gedauert, als endlich Nicephorus in sich
selbst ging. Er fühlte es tief, daß ihn die so lange unterhaltene
Feindschaft des christlichen Namens ganz unwürdig mache, und er:
kannte die große Gefahr, in welcher sein eigenes Heil und das Heil
des Sapricius durch den fortwährenden Haß schwebte. Von inni-
ger Reue durchdrungen faßte er den Entschluß, sich mit seinem ehe-
maligen Freunde wieder auszusöhnen. Er schickte gemeinschaftliche
Freunde zu dem Sapricius, die ihn in seinem Namen um Verzei-
hung baten; er schickte sie zum zweiten, und zum dritten Male; al-
lein der Priester setzte jedesmal dem freundschaftlichen Zureden harte
Unversöhnlichkcit entgegen. Sein Herz war in erbitterter Eigenliebe
verhärtet, und blieb verschlossen den Worten des Herrn: „Vergebet,
so wird auch euch vergeben werden!" Wenn ihr den Menschen nicht
verzeihet, so werdet ihr auch von dem himmlischen Vater keine Ver?
zcihung erlangen.
Die abschlägigen Antworten des Sapricius entflammten nicht
mehr die alte Erbitterung, sondern erweckten tiefe Betrübniß in dem
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen