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394 Der heilige Sebastian, Märtyrer.
fung für die beiden christlichen Bekenner, indem ihre Standhaft»,
auf die schwerste Probe gestellt wurde, durch das dringende Zureden
der Freunde, durch die rührendsten Vorstellungen ihrer Eltern, und
durch die jammervollen Klagen ihrer Gattinnen.
Die Freunde kamen in's Gefängniß, und stellten mit der rüh-
rendsten Beredtsamkeit ihnen die Härte und Unempsindlichkeit ihrcs
Herzens vor, in, welcher sie die vom Alter schon gebeugten Eltern,
ihre liebenswürdigen Gattinnen, und die noch zarten Kinder in den
größten Iammcr stürzen wollten, durch einen schmählichen Tod, dem
sie sich freiwillig hingeben. „Wie könnt ihr," sprachen sie, „solchen
Kummer über das graue Haupt eueres Vaters bringen, und cuercr
Mutter in ihrem hohen Alter noch empfindlichere Schmerzen verur-
sachen, als die waren, da sie euch zur Welt gebar!" Auch die
Mutter trat zu ihren Söhnen in's Gefängniß. Wcheklagcnd ent-
blößte sie das Haupt, und zeigte ihnen ihre grauen Haare. Sie
zerriß mit schmerzlichem Ungestüm ihre Kleider, deutete auf den wel-
ken Busen, von dem sie mütterliche Nahrung empfangen, und erin-
nerte sie unter lautem Jammergeschrei an die zärtliche Mutt^'l^be,
die sie ihnen bewiesen habe. „O ich Unglückliche!" schrie sie auf,
„ich werde in eine Trauer versetzt, die mit keiner andern zu verglei-
chen ist. Der Schmerz, meine zwei Söhne auf solche Weise zu ver-
lieren, ist größer, als jeder andere. Ich verliere sie, weil sie frei-
willig in den Tod gehen. Würden sie mir von den Feinden ge-
nommen, o! ich würde ihnen nacheilen mitten durch die Schaaren
wilder Krieger! Schmachteten sie wider ihren Willen, als Verur-
theilte im Gefängnisse, ich würde zu ihnen hineindringen, um mit
ihnen zu sterben."
Tranquillinus, der Bater, war nicht im Stande, in's Gefäng-
niß zu gehen, weil er sehr schmerzlich am Podagra zu leiden hatte.
Er ließ sich deßwegen durch Knechte dahin führen. Sein graues
Haupt war zum Zeichen der größten Trauer, mit Asche bestreut.
Voll des tiefsten Schmerzes, in einem Tone der Wehmuth, der die
Herzen durchschnitt, sprach er: „Ich komme, von meinen Söhnc»,
die freiwillig in den Tod gehen wollen, Abschied zu nehmen. Ich
Bcdauerungswürdiger soll für das Begräbniß meiner Söhne vorkeh-
ren; was diesen für das meinige zu thun bestimmt war. O Söhin'!
ihr, die Stütze meines Alters, die ihr in so glücklichen Umständen
geboren, so gut und sorgfältig erzogen worden seyd, die ihr mit so
vortrefflichen Gaben ausgerüstet, in jeder Wissenschaft so glänzend
hervorraget: wie konntet ihr auf einmal von solchem Unsinne ergrif-
fen werden, freiwillig den Tod zu suchen? Noch kein Lebender hat
den Tod gewünscht; noch keinem Sterbenden ist er willkommen ge-
wesen; noch zu keinem ist er anders, als durch Gewalt cingedrun-
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen