Seite - 413 - in Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres - Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
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Am 17. Ium, 413
Gemahlin. Diese hatte zum Zeichen ihrer tiefen Trauer, die Kleider
zerrissen, und sprach wehmüthig klagend: „So ist nun wirklich, o
Marcian! eingetroffen, was ich dir im Gefängnisse schon vorhersagte,
was ich dort schon so bitter beweinte! O ich Unglückliche! Gibst
du mir kein Gehör? O, erbarme dich meiner, mein Herr! Sieh'
deinen holden Sohn an! Wirf doch nur einen Blick auf uns!
Verachte uns nicht! Warum eilest du so? Wo willst du hin?
Warum hassest du uns? Wie das Lamm, wirst du zur Schlacht-
bank geführt!" Marcian wandte sich jetzt um, sah sie mit ernstem
Gesichte an, und sprach: „Wie lange wird der Satan deinen Sinn
verblenden? Gehe weg von uns, und hindere mich nicht, meinem
Gott das Opfer des Marterthums darzubringen." Ein Christ, Io-
tikus mit Namen, faßte den Marcian bei der Hand, und sprach:
„Bruder! Sey guten Muthes! Du hast einen guten Kampf ge«
kämpft; woher sollen aber wir Schwache solche Glaubensstärke neh-
men! Gedenke an die Verheißungen, die der Herr gemacht hat,
und die er jetzt an euch erfüllen wird. Ihr seyd in Wahrheit voll-
kommene Christen, und glückselig!" Die Gemahlin drängte sich an
Marcian hin, heulte, und wollte ihn zurückziehen. Da sagte der
heilige Märtyrer zu Zotikus: „Halte meine Frau zurück." Zotikus
ließ die Hand des Märtyrers los, und hielt die Frau zurück. Als
man zur Todesstätte gekommen war, sah Marcian um, rief aus der
Menge des Volkes den Zotikus zu sich, und bat ihn, daß er seine
Gemahlin herbeiführen solle. Es geschah. Er gab ihr den Ab-
schiedskuß, und sprach: „Gehe nun wieder zurück im Namen des
Herrn; denn du bist nicht stark genug, meinen Martcrkampf zu
schauen, da dein Sinn nun einmal zu sehr vom Bösen beschlichen
ist." Er küßte nun auch sein Kind, blickte zum Himmel und sichte:
„Herr, Gott, Allmächtiger! Sorge Du für dieses Kind!" Jetzt
umarmten sich, zum Abschiede, die heiligen Märtyrer, und traten
auseinander/ jeder auf den Platz, auf dem er den Todesstreich em-
pfangen sollte. Marcian erblickte die Frau des Nikanders, welche
wegen dem Volksgedra'nge zu ihnen nicht herkommen konnte. Er
reichte ihr die Hand, und führte sie zu dem Nikander hin. Dieser
sprach: „Der Herr sey mit dir!" Sie stellte sich neben ihn, und
sagte: „Lieber Herr! Sey guten Muthes! Zeige dich stark im
Kampfe. Ich habe zehn Jahre ohne dich zu Hause gelebt, (er war
in Kriegsdiensten abwesend) und habe immerfort zu Gott gesieht,
daß ich dich wieder sehe. Jetzt habe ich dich gesehen, und wünsche
dir Glück zum Heimgang in's ewige Leben. Sieh! Jetzt werde
ich laut und frohlockend ausrufen: ich bin die Frau eines Märty-
rers! Sey guten Muthes, mein Herr! Bringe Gott das Opfer
deines Martcrtodes, damit du auch mich vom ewigen Tode erret-
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen