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4^8 Der heil. Didymuö, Märtyrer, und die heil. Theodora :c.
über mich aussprechen wirst." Proculus befahl, sie in's Gefäng-
niß zu führen, und verbot, ihr daselbst irgend eine Gewalt an:
zuthun.
Nach Verlauf der drei Tage wurde sie wieder vor Gericht ge-
führt. Gleiche Drohung, wie zuvor, erfolgte von Seite des Rich-
ters, und gleiche Beharrlichkeit von Seite der Jungfrau. Diese
sagte: „Mein Herr Christus weiß wohl, wie er seine Magd, gleich
als ein Lamm, bewahren werde. Gott, der in's Verborgene schaut,
der alles weiß, ehe es geschieht, der ohne Flecken mich bis auf den
heutigen Tag bewahret hat, der wird auch ferner mich beschützen
vor unreinen und frevelnden Menschen, die bereit sind, seine Magd
zu Schanden zu machen."
Nun wurde sie auf Befehl des Statthalters in das Haus der
Sünde gebracht. Als sie hineintrat, erhob sie ihre Hände gen Him-
mel, und bethete mit Inbrunst zu Gott: „Vater unsers Herrn Jesu
Christi, stehe mir bei, und errette mich aus diesem Orte der
Schande! Der Du dem Petrus, als er im Keckr war, geholfen,
und ihn unverletzt aus demselben geführet hast: führe auch mich un-
befleckt aus diesem Orte weg, damit Jedermann erkenne, daß ich
deine Dienerin sey/- Haufen Volkes standen umher, begierig zu
sehen, wer zuerst zu ihr hineingehen würde. Bald trat ein Mann
in Soldatenkleidern zu ihr hinein. Schüchtern floh sie in eine Ecke
der Kammer. Er aber redete sie freundlich an: „Ich bin nicht, für
was du mich ansiehst. Von Außen ein Wolf, bin ich inwendig ein
Lamm. Laß dich durch mein Gewand nicht irre machen. Der Ge:
sinnung nach bin ich dein Bruder, und ich komme in dieser verdäch-
tigen Kleidung deßwegen hiehcr, damit ich dich von da wegbringe.
Ich bin gekommen, dich zu befreien, zu retten das Eigenthum mei-
nes Gottes, dich, seine Magd, seine Taube. Tauschen wir die
Kleider, dann geh' hinaus!" Sie wechselten die Kleider. Theo-
dora eilte hinaus mit tief an den Kopf gedrucktem Hute, und
entrann.
Nach einer Stunde trat ein anderer, geführt von wilder Lust
in die Kammer. Wie bestürzt war er aber, als er bald gewahr
wurde, daß ein Mann, statt des Mädchens da wäre! Didymus,
so hieß der Retter der Theodora, der ein Christ war, erzählte, was
er gethan, wie er die Jungfrau befreiet habe. Er wurde vor den
Statthalter geführt, welcher ihm unter Androhung der Folter befahl,
anzuzeigen, wo Thcodora sey? „Bei Christo Jesu, dem Sohne
Gottes!" antwortete Didymus, „icy weiß nicht, wo sie ist. Wohl
aber weiß ich, daß sie eine Dienerin Gottes ist, daß sie, die Chri-
stum bekannt hat, unverletzt geblieben ist, daß Gott sie unbefleckt
bewahret hat. Daher schreibe nicht mir zu, was geschehen ist, son-
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen