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474 Die heilige Iul i t ta, Wittwe und Marthrin.
lose Lamm, nicht im Stande, dem reißenden Wolfe gleiche Gewalt
entgegenzusetzen. Sie suchte Schutz bei der Obrigkeit zu Cäsarca,
welcher sie die Sache, wie sie war, vortrug, mit der Bitte, daß
doch der frechen Gewaltthätigkeit Einhalt gethan werde.
Der habsüchtige Mann wurde von der Obrigkeit gerufen, und
neben die Klägerin gestellt. Allein er ließ sich auf keine Vertheidi-
gung ein, sondern erklärte, daß Iulitta nicht befugt sey, eine Klage
vor Gericht zu erheben; weil sie nie den Gottern opfere, den Be-
fehlen der Kaiser nicht gehorche, und deßwegen in gegründetem Ver-
dachte stehe, daß sie eine Christin sev. Der Richter nahm diese Er-
klärung gefällig auf, weil er früher schon durch niedrige Bestechung
gewonnen war. Auf der Stelle ließ er Glut und Weihrauch her-
dcibringen, und forderte die geänstigte Wittwe auf, durch ein Opfer
zu beweisen, daß sie die Götter verehre, und den Glauben der Chri-
sten verabscheue. Erst dann, sagte er, wenn sie dieses gethan habe,
könne sie auf den Schutz der Gesetze in ihrer Sache Anspruch ma-
chen. Iulitta erzitterte vor dem Gedanken, ihren Glauben zu ver-
läugnen, und sprach daher mit freimüthiger Entschlossenheit: .>Eher
lasse ich alle meine Güter dahinten, eher gebe ich Leib und Leben
hin^ als daß 'ich auch nur ein einziges ungeziemendes Wort gegen
Gott, meinen Schöpfer, ausstoße." Der Richter war sehr entrüstet
über einen solchen Widerstand, den er von einem schwachen Weibe
nicht erwartet hatte. Iemehr er aber seine Erbitterung gegen die
christliche Heldin zeigte, desto mehr ward diese in ihrem Muthe be-
kräftiget. Sie dankte Gott in ihrem Herzen, daß er sie würdige,
um seines Namens willen Alles zu verlieren, Schmach zu erdulden,
Martern und Tod zu leiden. Sie ergötzte sich an dem Gedanken,
daß ihr dafür unvergängliche Güter, eine glänzende Ehrcnkrone und
ewiges Leben zu Theil werde. Der Richter setzte ihr auf mannig-
faltige Weise zu, sie zur Vcrläugnung zu bewegen; sie aber cntgeg-
nete immer nur: „Ich bin eine Magd Christi!" Endlich sprach er
das Urtheil, daß sie verbrannt werden sollte. Die Heiterkeit des
Gesichtes zeugte von dem freudigen Muthe des Herzens, mit wel-
chem sie der Richtstätte zuging. Den Weibern, die in ihrer Nahe
waren, redete sie ;u , daß sie das Schwerste für die Religion Jesu
Christi zu ertragen sich nicht scheuen, und dagegen nicht vorschüyen
sollen die Schwäche der weiblichen Natur. „Wir sind," sprach sie,
.,des nämlichen Wesens, uno eben sowohl nach Gottes Ebenbilde
erschaffen, wie die Männer. Das Weib ist, wie der Mann, von
dem Schöpfer zur Tugend bestimmt. Wie die Männer, müssen auch
wir dem Herrn die Festigkeit des Glaubens durch die Geduld in der
Trübsal beweisen." Der Anblick des Scheiterhaufens erschütterte ihre
Standhaftigkeit nicht. Unerschrocken bestieg sie denselben, und em-
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen