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476 Die heilige Iulitta, Wittwe und Marthrin.
cs die kleinen Händchen nach ihr aus, und war durch nichts zu be-
wegen, auch nur ein Auge von ihr abzuwenden. Während der grau:
samen Folter rief Iulitta mchrmal aus: „Ich bin eine Christin!
Nie werde ich den Göttern opfcrn!" Alexander wandte Alles an,
den weinenden Knaben zu besänftigen. Er nahm ihn bei der Hand;
er streichelte ihn; er setzte ihn auf seinen Schooß, und liebkoftte il,n.
Cyricus aber heftete unverrückt seine Augen auf die Mutter. End:
lich stieg seine Unruhe auf das Höchste. Er wandte, so weit er
konnte, den Kopf vom Statthalter weg, und bemühte sich, ihn von
sich zu stoßen. Er kratzte ihn mit den Nägeln in's Gesicht, und
schlug ihn mit seinen kleinen Füßchcn. Endlich rief er, wie seine
Mutter: „Ich bin ein Christ!" und versuchte mit der höchsten An-
strengung seiner schwachen Kräfte sich los zu machen. Der unmensch-
liche Richter gcrieth über das unruhige Betragen des Knaben in
Wuth, faßte ihn bei einem Fuße, und stürzte ihn von seinem erhöh:
ten Sitze auf die Erde mit solcher Gewalt hinunter, daß das Ge-
hirn den Richtcrstuhl bespritzte, und das Blut ringsumherfloß. Auf
der Stelle gab der unschuldige Märtyrer seinen Geist auf. So
macht die unbezähmte Leidenschaft des Zorns den Menschen zum
grausamsten Tiger.
Iulitta sah von der Folterbank den Tod ihres Kindes, und
rief frohlockend aus: „Ich danke Dir, o Herr! daß Du meinen
Sohn noch vor mir zur unvergänglichen Krone zu rufen Dich ge-
würdigct hast/- Dadurch wurde der Richter, der über den Anblick
des todten Knaben selbst betroffen war, wieder in seine vorige Wuth>
versetzt. Er ließ der muthvollen Bekcnnerin die Seiten zerfleischen,
siedendes Pech über ihre Füße ausgießcn, und ihr während dieser
Marter durch einen Diener zureden, daß sie doch mit sich selbst Mit-
leiden habe und den Göttern opfere, wenn sie nicht durch einen eben
so kläglichen Tod, als ihr Sohn, hinsterben wolle. Die unerschüt-
terliche Dulderin antwortete: „Nie werde ich stummen und tauben
Götzen opfern. Ich verehre Christum, den eingebornen Sohn Got-
tes , durch den der Vater alle Dinge erschaffen hat. Mit heißer
Begierde sehne ich mich nach der Gemeinschaft mit meinem Sohne
im ewigen Reiche."
Der Richter gab nun die Hoffnung auf, ihre Standhaftigkcit
zu besiegen, und sprach das Urtheil, daß sie enthauptet werden solle.
Als sie auf dem Richtplatze angekommen war, bat sie den Schergen
um einige Augenblicke Verzug, und da ihr dieser bewilliget ward,
fiel sie auf die Kniee nieder, und empfahl durch inbrünstiges Gebeth
ihren Geist dem Herrn. Sobald sie das „Amen" ausgesprochen
hatte, lag auch schon ihr Haupt, vom Rumpfe getrennt, auf der
Erde. Die Leiche blieb auf dem Richtplatze liegen, wohin auch der
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen