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494 Die heilige Eulalia, Jungfrau und
„Ihr suchet, sprach sie weiter, die Christen auf. Seht, auch ich
bin eine Christin! Mit Herz und Mund bekenne ich den einzig
wahren Gott. Eure Götzen sind nichts — bloßes Menschcnwerk,
und Maximian handelt thöricht, daß er sie verehrt, und zu verehren
befiehlt. Er thut großes Unrecht, daß er so viel unschuldiges Blut
deßwegen vergießen laßt/- Endlich sprach sie zu den Schergen:
„Was zögert ihr? Nehmet mich! Schneidet, brennet, zerreißet
meinen Körper. Er ist vergänglich; deßwegen wird's euch ein leich-
tes seyn, ihn zu zerstören. Nichts aber werdet ihr anhaben können
meinem Geiste!"
Der Statthalter hatte eine so nachdruckliche Erklärung von ei-
nem zwölfjährigen Mädchen nicht erwartet. Er ward heftig erzürnt,
und befahl den Schergen, daß man sie durch Martern auf andere
Gedanken bringen solle. Bevor jedoch dieser Bcfchl vollzogen wurde,
versuchte er, nachdem er sich von der ersten Zornhitze erholt hatte,
durch Zureden sie zu gewinnen, und ihren Sinn zu ändern. Er
stellte ihr das Ansehen ihrer Familie vor, welche durch ihr Bekennt-
niß tief herabgesetzt werde; er schilderte ihr die Vergnügungen, die
sie, wenn sie durch Verläugnung des Christenthums ihr Leben er-
halte, in ihrem vornehmen Stande genießen könne; er machte sie
aufmerksam auf die vortheilhaften ehelichen Verbindungen, die sie
seiner Zeit hoffen dürfe; er bat sie endlich, daß sie doch der grauen
Haare ihrer schon bejahrten mütterlichen Großeltern schonen wolle.
Diesem Zureden desto größern Nachdruck zu verschaffen, wurden die
Marterinstrumente vor die Augen der jungen Bekennerin gebracht,
mit der Bedrohung, daß sie die Wirkungen derselben bald empfin:
den werde, wenn sie nicht zu etwas anderem sich entschließe. Zu-
letzt wurde ihr bedeutet, daß es in der Willkühr der Obrigkeit stehe,
sie enthaupten, oder von den Thieren zerreißen, oder verbrennen zu
lassen; lauter Todesarten, vor denen sie zurückschaudern möge.
Ganz ruhig hatte Eulalia diesen Vortrag angehört. Ihre Ge-
generklärung gab sie jetzt nicht mit Worten, sondern durch eine
Handlung, welche den Statthalter hinlänglich überzeugen konnte,
daß sein Zureden ihren Muth nicht geschwächt, sondern vielmehr er-
höht habe. Sie ergriff einige Opfcrgeräthc, die neben ihr standen,
und zertrümmerte sie. Mit Wuth wurde sie nun angefallen von den
Schergen, welche mit spitzigen Krallen ihre Brust und ihre Seiten
bis zur Entblößung des Gebeines zerfleischten. Der Schmerz war
unbeschreiblich. Das Blut floß häufig bis zur Erde, und doch ver-
lor die junge Kämpferin ihren Muth nicht. Freudig rief sie wäh-
rend der Marter aus: «Herr Jesu Christe! mit Eisen und Stahl
haben sie deinen errungenen Sieg meinem Leibe eingegraben, und
dein heiligster Name glänzt in Purpur auf demselben." Die un-
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen