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542 Der heilige Barlaam, Märtyrer:c.
Dcr Ruf, daß Gordius wieder angekommen sey, ward schnell
in die Stadt gebracht, und hatte sich in allen Theilen derselben ver-
breitet. Alles, selbst Greise, Weiber, Kinder und Dicnstlcute, strömte
hinaus auf den Platz der öffentlichen Spiele, ihn zu schauen, und
zu sehen, was mit ihm vorgehe. Dcr Statthalter, der sein schmei:
chclhaftes Zureden vereitelt sah, schäumte vor Wuth, zog seinen ei-
genen Degen, und rief den Scharfrichter herbei, daß er an Gordius
die Todesstrafe vollziehe; als auf einmal eine große Bewegung un-
ter dem Volkshaufcn entstand, durch welchen sich Anverwandte und
Freunde des heiligen Bekenners bis zu ihm hindurchdrängtcn. Sie
weinten, sie redeten ihm zu, sie klagten und stellten ihm vor, daß
er doch seiner jungen Jahre schonen wolle. Einige gaben ihm den
heillosen Rath, daß er Christum wenigst doch äußerlich, dem Scheine
nach, mit dem Munde verlaugne, wenn er es im Ernste, in seinem
Herzen auch nicht thun wolle, Gott sehe ja auf das Herz und nicht
auf die Worte. Er aber blieb unbewegt, und sprach zu den An-
verwandten: „Weinet nicht über mich, sondern vielmehr über die,
welche sich feindselig gegen Gott bezeigen, indem sie gegcn die Chri-
sten wüthen. Ueber die weinet, welche, indem sie unsern Untergang
suchen, den Zorn Gottes auf sich laden, und sich selbst in ein ewi-
ges Verderben stürzen. Höret aus zu weinen, und durch euere Kla-
gen mein Herz zu betrüben. Ich bin bereit, nicht nur einen, son-
dern, wenn es möglich wäre, tausend Tode um des Herrn willen
zu leiden." Denen, welche ihm den Rath gegeben hatten, daß er
wenigst doch nur mit Worten verläugnen solle, sagte er: „Durch
Gottes Güte habe ich die Zunge, und diese darf und soll ihren Ur-
heber nicht verläugnen. Mit dem -Herzen glaubt man zur Gerech-
tigkeit, mit dem Munde aber geschieht das Bekenntniß zur Seligkeit.
(Rom. 10, 10.) Sollen Kriegsleute nicht auch nach dem Heile
trachten? Hennen wir keinen heiligen Hauptmann? Ich meine je-
nen , dcr neben dem Kreuze des Herrn stand, dessen Gottheit er-
kannte, und sich nicht scheute, dieses Bekenntniß mitten unter den
tobenden Juden laut auszusprechen." Nachdem er dieses gesprochen
hatte, bezeichnete er sich mit dem Kreuzzcichen, ging mit heiterem
Gesichte auf den Scharfrichter zu, und empfing mit unerschüttcrtem
Muthe den Todesstreich. —
„Die gegenwärtigen zeitlichen Leiden können mit der künftigen
Herrlichkeit, welche an uns geoffenbaret werden soll, nicht verglichen
werden.'- Röm. 8, 18.
In der kotholischm Kirche wird gefeiert das Gedächtniß des
heiligen Barlaam am 19. November, und das des heiligen Gordius
am 3. Jänner.
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen