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Am 10. März. 571
Je unerwarteter dem Statthalter eine so freimüthige Sprache,
und ein so muthvoller Widerstand war, desto größer ward jetzt seine
Erbitterung. Lange dachte er nach, welche Todesart die schrecklichste
seyn möchte, zu der er sie verurtheilen könnte. Endlich gab ihm
die damalige Jahreszeit die Veranlassung, eine zu erfinden, welche
eben so neu, als grausam war. Die Kälte war heftig, und die
Stürme des Nordwindes wütheten schrecklich. Er befahl, die Be-
kenner nackt in die Kälte hinzustellen, und wählte dazu einen Ort,
an welchem ein warmes Bad war, um sie desto mehr zur Entsa-
gung ihres Glaubens zu reizen. Denn den Verläugn nden stand der
Zugang zum Bade frei, an welches ein Scherge hingestellt worden war.
Freudig legten sie ihre Kleider ab, und ermunterten sich zur Stand-
haftigkeit. „Mit dem Gewände," sprachen sie, „ziehen wir den al-
ten Menschen aus, der durch die Sündenlust verdorben ist. Wir
danken Dir, Herr! daß Du uns würdigest, mit dem Kleide auch die
Sünde abzulegen. Wegcn der Schlange zogen wir es an, wegen
Christus ziehen wir es aus. Gerne geben wir es hin, um des Pa-
radieses willen, welches wir verloren hatten. Auch unser Herr ist
der Kleider beraubt worden. Was ist es Großes, wenn der Knecht
leidet, was der Herr erduldet hat? Menschen unseres Standes ha-
ben den Herrn entblößet; denn Soldaten waren es, die diese Uebcl-
that verübten, sie haben ihm die Kleider abgerissen. Diesen Frevel
unseres Standes, den die Geschichte gegen uns bezeugt, wollen wir
an uns selbst tilgen. Hart ist zwar der Frost des Winters, und
empfindlich die Kälte des Eises, aber süß und erquickend die Ruhe
des Paradieses. Nur eine kurze Weile müssen wir ausharren, und
für immer werden wir in Abrahams Schoos seyn. Das Leiden einer
einzigen Nacht wird uns durch die Freuden einer ganzen Ewigkeit
vergolten. Unser Fuß wird von der Kälte zerstört, damit er in der
Gemeinschaft der Engel zu wandeln fähig sey. Unsere Hand wird
vor Frost erstarren, damit sie, zu Gott sich zu erheben, würdig
werde. Wie viele von unsern Kriegskameraden sind im Dienste eines
sterblichen Königs auf dem Schlachtfeldc gefallen, und wir sollten
nicht gerne unser Leben für den wahren Gott dahingeben? Wie
viele Missethäter sind ihrer Ungerechtigkeit wegen gestorben, und wir
sollten uns weigern, um der Gerechtigkeit willen den Tod zu leiden?
O Brüder! lasset uns standhaft bleiben, damit der arge Widersacher
uns nichts anhaben möge. Es geht nur um das Fleisch, schonen
wir dasselbe nicht! Einmal müssen wir doch sterben, also lieber
jetzt, damit wir ewig leben. O Gott! Nimm das Opfer unseres
Lebens, welches durch den tödtenden Frost dargebracht wird, gnädig
auf! O, ein herrliches Opfer! Ein ganz neues Brandopfer, dar-
gebracht nicht durch Feuer, sondern durch Kalte!« — Der Scherge,
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen