Seite - 588 - in Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres - Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
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588 Die heilige Helena, Kaiserin und Wittwe.
cher Zeit ließ er den zwölfjährigen Licinus, den Sohn seiner gelieb-
ten, noch lebenden Schwester Constantia, wir wissen nicht unter wel-
chem Vorwande, todten, vielleicht auch auf Anstiften der Fausta, die
ihm im jungen Kaisersohne, einen gefährlichen Nebenbuhler seiner
drei, mit ihr erzeugten Söhne zeigte. Die fromme Helena härmte
sich sehr über den Tod ihres hoffnungsvollen Enkels Lrispus, und
ahndete mit ernstem Nachdrucke die Ucbercilung ihres Sohnes. Diec
sem gingen die Augen auf. Nach angestellter Untersuchung erkannte
er die Unschuld des Crispus, und nahm grauenvolle Rache an scincr
Gemahlin, indem er sie in einem heißen Bade ersticken ließ.
Eine einzige unbeherrschte Neigung eines sonst auch noch so
trefflichen Mannes gleicht dem Ringe in der Nase des Bären. Man
kann ihn dabei führen, wohin man nur will. Constantin war edel
gesinnt, gerecht, mitleidig und großmüthig; allein bei allen diesen
vortrefflichen Eigenschaften wußte er nicht immer seine Neigung zum
schnellen, und auffahrenden Zorne, zur Empfindlichkeit, und Eifersucht
zu beherrschen. Dieß wußte die arglistige Fausta, und rechnete sicher
darauf, daß der Kaiser im ersten Anfalle des Zornes Befehl geben
werde, den ihr verhaßten Stiefsohn zu todten. „Wer seinen Zorn
beherrscht, ist stärker, als der, welcher Städte erobert."
Bald nach den blutigen Ereignissen, welche den kaiserlichen
Palast befleckt hatten, verließ die heilige Helena Rom, in sehr ho-
hem Alter, zum Theile, um sich den örtlichen Anlässen einer schmer-
zenden Erinnerung zu entziehen, zum Theile vielleicht auch, um durch
ihre Entfernung den.Sohn kräftiger zu erschüttern, als durch wört-
lichen Vorwurf. Sie reiste nach Palästina, gesegnet von den Pro-
vinzen des Morgenlandes, wo sie gegen häusliche Leiden Trost in
Uebung der guten Werke fand, zu denen ihre durch Liebe zu Gott
entstammte Nächstenliebe sie antrieb. Wohlthätigkeit und Demuth
begleiteten sie auf ihrer Reise. Sie beschenkte die Armen, sie er-
quickte die Kranken und die Gefangenen, und da sie mit großen
Vollmachten von ihrem Sohne, dem Kaiser, verschen war, erlöste
sie viele Gefangene von ihren Banden, rief in seinem Namen Ver-
bannte zurück, erzeigte sich ganzen Volksgemcindcn wohlthätig, und
war, wenn sie in der Mitte der Gläubigen im einfachen Gewände
den heiligen Geheimnissen beiwohnte, zur heilsamsten Erbauung. Es
ist unnöthig, hier noch einmal der sorgfältigen Bemühung zu erwäh-
nen , welche die gottselige Kaiserin auf die Erfindung des heiligen
Kreuzes verwendete; indem das, was sie hicrinfalls gethan hat, in
der unmittelbar vorangehenden Geschichte nachgelesen werden kann.
Nicht weniger thätig, als bei der Aufsuchung des heiligen Kreuzes,
zeigte sich der fromme Eifer der Helena bei dem Baue der Kirche,
welche auf Befehl und auf Kosten ihres Sohnes über dem heiligen
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen