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Am 15. December. 595
munterte sie auf, das Gleiche zu thun. So gut er es konnte, un-
terrichtete er selbst die Manner in der heiligen Lehre, während die
Weiber von Christian«, und von der Königin in derselben unterwie-
sen wurden. Es ward sogleich Hand an den Bau einer Kirche
gelegt. Er ging glücklich von Statten, nur, da man die dritte
Säule setzen wollte, war alle Mühe umsonst, sie gerade in die Höhe
zu bringen. Man machte davon allerlei üble Auslegungen, und
ging davon. Selbst der König ward bedenklich, und fing zu wan-
ken an. Christian« allein blieb auf dem Platze, und brachte die
ganze Nacht im Gebethe zu. In aller Frühe kam der König mit
den Bauleuten dahin wieder zurück, und fand zum höchsten Erstau-
nen die dritte Säule aufrecht stehend. Alle schrien: „Groß ist Gott,
und die Religion dieser Sklavin ist allein die wahre!" Das Ge-
bäude wurde nun mit raschem Eifer vollendet. Auf Einrathcn der
Christiana ordnete der König Gesandte an den Kaiser Constantin
ab, mit der Bitte, ihm Priester zu senden. Der Kaiser nahm sie
freundlich auf, und willfuhr mit Freude der Bitte. Ein frommer
und weiser Bischof, begleitet von mehrern Priestern, ging nach Ibc-
rien, um dort das herrliche Werk, welches eine Dienstmagd unter
Gottes Beistand angefangen hatte, fortzusetzen.
Diese Erzählung hat der Geschichtschreiber Rusinus ungefähr
fünfzig Jahre nachher, aus dem Munde eines Prinzen des iberischen
königlichen Hauses gehört, welcher unter dem Kaiser Valens, und
Theodosius, dem Großen, römischen Schaaren vorstand, und mit
dem er in Jerusalem zusammentraf. Die weitere Geschichte des
Lebens der heiligen Christiana ist nicht bekannt.
Die einzige Christiana lebt unter einem ganz heidnischen Volke,
wie es einer Christin zusteht; sie ist in ihrem verachteten Stande
ruhig, führt einen verborgenen Wandel in Jesu Christo, und
was hat nicht sie allein bewirkt? Ein ganzes Volk hat sie der
hciligcn Religion gewonnen. So hat Gott auch in der verdorbenen
Welt seine Auscrwähltcn; sie sind klein an der Zahl, klein im
äußerlichen Ansehen, klein in den Augen der Welt; sie sind in Jesu
Christo verborgen. Glückselig, wer sich unter dieser kleinen Zahl
der Auscrwahlten befindet, er sey, wer er wolle, er wohne, wo er
wolle; er wird zu seiner Zeit mit Jesu Christo offenbar werden.
Ein rechtschaffener Dienstbothe ist so schätzenswerth, und gilt vor
Gott so viel, als der Rechtschaffene eines jeden anderen Standes.
Gott sieht nicht auf die Personen, oder auf den Stand. Vor ihm gilt
der Arme so viel, als der Reiche, der Unterthan so viel, als der
Herr :c. Er sieht auf die Erfüllung derjenigen Pflichten, die jeder
on und jedem Stande obliegen. Erfüllet der Dienstbothe seine
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Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen