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Am 2 l . Oktober. 635
Aus diese Weise war die Erbschaftsangelegenheit sehr bald
beendigt. Leicht und froh, bekleidet mit einem härenen Sacke, ei:
nem Pelzwamms, welches ihm Antonius geschenkt hatte, und einem
Mantel, wie ihn die Bauern jener Gegend trugen, machte er sich
auf, und ging in die Wüste, welche zwischen Aegypten und Palä-
stina liegt, ohne Rücksicht auf das abmahnende Zureden seiner
Freunde, die für das Leben eines so jungen und schwächlichen Men-
schen, wie Hilarion war, in so furchtbarer Wildniß, höchst besorgt
waren, und ohne sich abschrecken zu lassen von den Räubern, die
von jeher diese Gegend durchstreiften. Er achtete nicht der Lebens:
gefahr, um nur den Gefahren seines Heiles zu entgehen. Schwach
am Körper, war er desto kräftiger im Geiste durch den heiligen Glau-
ben. Im ersten Jahre brauchte er indessen doch die Vorsicht, den
Ort seines Aufenthaltes in der Einöde oft zu verändern, damit er
von den Räubern nicht so leicht erspäht werde. Dann aber machte
er sich e'me mit Dornen und Binsen gedeckte Hütte, in welcher er
vom sechzehnten bis zum zwanzigsten Jahre seines Lebens wohnte,
worauf er sich eine Zelle von Lehm und zerbrochenen Ziegeln am
Strande des Meeres baute, die zur Zeit des heiligen ^
noch stand, und weder viel länger, noch auch viel höher, als
rion groß, mehr einem Grabe, als der Wohnung eines Lebenden
gleich war.
Hilarion hatte mit vielen und schweren Versuchungen zu käm-
pfen. Er besiegte sie durch Gebeth, Arbeit und Fasten. Wäh-
rend seines ganzes Lebens übte er strenge Abtödtung der Sinne,
trotzte der Kälte und der Hitze, dem Hunger und dem Durste. Er
aß nie vor Sonnenuntergang, und dann waren manchmal fünfzehn
Feigen seine ganze Mahlzeit. Während dreißig Jahren bestand diese
aus zwölf Loth Gerstenbrodes mit gekochten Krautern. Da er den:
noch von Regungen der Wollust angefochten wurde, verminderte er
oft diese leichte Kost, ja enthielt sich manchmal der Speise drei oder
vier Tage nacheinander gänzlich. Gegen das Ende seines Lebens
nahm er ein Getränke zu sich von Mehl und zerstoßenen Kräutern,
an Gewicht zehn Loth. Er theilte seine Zeit in Arbeit, Gebeth und
Betrachtung der heiligen Schriften, die er auswendig wußte. Sein
Lager war eine Binsendccke, die auf der Erde ausgebreitet war. Er
hatte immer nur einen einzigen Leibrock, welcher ein härener Sack
war, und welchen er eher nicht ablegte, bis er ganz abgenutzt war.
Während der fünfzig Jahre, die er in Palästina zubrachte, besuchte
er nur einmal die heiligen Orte. Er wollte, sagt der heilige Hie-
ronymus, weder scheinen sie gering zu schätzen, noch auch Gott auf
einen besondern Ort zu beschranken. Darum besuchte er sie, aber
nur einmal.
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen