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640 Die heilige Sinkletika,
lieben, cr selbst verbreitet durch die Fügungen seiner Weisheit ihren
Ruhm zur Bekehrung und Erbauung derer, welchen derselbe bekannt
wird." Verschiedene Weibspersonen kamen zu der frommcn Einsied:
lerin, und verlangten Anweisung, ihr Seelenheil zu sichern. Sinkle-
tika seufzte und zerfloß in Thränen, ohne ein Wort zu sprechen.
Jene drangen heftiger in sie, worauf sie endlich sagte: Wie könnt
ihr euere Zuflucht nehmen zu mir, die ich eine Sünderin bin?
Wann habe ich je etwas gethan oder gesprochen, das ein solches
Vertrauen in euch erwecken könnte? Alle haben wir einen Lehrmei:
ster, den Herrn Jesum Christum. Alle muffen aus einer Quelle
schöpfen die Erkenntniß des Heils, aus den göttlichen Offenbarun-
gen des alten und des neuen Bundes/' „Das wissen wir zwar,"
sagten die Weibspersonen, .,da du aber durch lange und eifrige Ue-
bung auf dem Wege der Vollkommenheit uns weit vorangekommen
bist, so sollst du uns, die wir ungeübter und schwächer sind, auf
diesem Wege leiten und fortführen." Sinkletika vergoß auf's neue
im Gefühle tiefer Demuth einen Strom von Thränen, und gab dann
den Bittenden folgende Belehrung: Der höchste Grad der Vollkom-
menheit bestehe in der vollkommensten Ausübung des Gebotes: „Liebe
Gott über Alles, und den Nächsten wie dich selbst." Mit keiner
Stufe der Vollkommenheit dürfe der Mensch sich begnügen, sondern
muffe unablässig nach einer höhern trachten. Wer die jungfräuliche
Reinigkeit bewahren wolle, muffe sich befleißigen der Bezähmung der
Sinne, der Zurückgczogenheit vom Umgänge mit irdischgcsmnten Men:
schen, wachsam seyn auf die geheimsten und leisesten Regungen sei:
nes Herzens. Diese und noch viele andere Vorschriften gab Sin:
kletika denen, die unter ihrer Leitung dem einsamen und beschaulichen
Leben sich widmen wollten, und ihr Lebenswandel war der vollkom:
menste Abdruck deffen, was sie andern zu beobachten vorschrieb.
Unbeschreiblich, so bemerkt Athanasius, war der Segen, den sie da:
durch stiftete.
Als Sinkletika schon achtzig Jahre alt war, wurde sie heimge-
sucht von schmerzlicher Plage des Leibes, welche von Zeit zu Zeit
noch qualvoller ward, und erst nach drei und einem halben
ihr Leben vollendete. Im Glutofen
sollte sie, vor dem Hingange zur ewigen Ruhe, noch geläutert wer:
den. Anfangs stellte sich eine Lungenentzündung ein, durch welche
auch andere Eingeweide sehr schmerzlich ergriffen wurden. Ein furch:
terlicher Brand durchwühlte das Innere des Körpers, der bald ganz
abgezehrt da lag. Aber keine Klage, kein Laut der Unzufriedenheit
entfuhr ihrem Munoe. Selbst in den Stunden des heftigsten Schmer:
zes hörte sie nicht auf, diejenigen, die sich ihr nahcten, zur Gottse:
ligkeit anzuleiten, und ihre Iüngerinnen zum muthigen Fortschreiten
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen