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Am 11. November. 749
sprach Martinus, „schickte das Verlorne Schaf ja auch nicht noch
tiefer in die Wildniß hinein, sondern suchte es auf, und trug es
zur Heerde zurück. Er kannte den bösen Judas, und duldete ihn
unter seinen Schülern, und den unfruchtbaren Feigenbaum ließ er
stehen, um zu sehen, ob er nicht, wenn er sorgfältig gepflegt werde,
doch noch Früchte bringe/- „Duldet den Britius," sprach er zu
seinen Schülern, „suchet durch euer Beispiel ihn aufzumuntern, be-
thet für ihn! Ich sehe voraus, daß unsere Mühe nicht fruchtlos
seyn werde. Britius wird noch ein würdiger Bischof werden." —
Diese Vorsage ging in der Folge auch wirklich in Erfüllung. Bri-
tius folgte später dem heiligen Martinus auf dem bischöflichen
Stuhle.
Es war im Jahre 371, als der bischöfliche Stuhl von Tours,
durch den Tod des heiligen Bischofs Bidorius, erledigt wurde. Die
Stadt Tours wünschte den heiligen Martinus zum 5überhirten zu
erhalten, und das Volk wählte ihn einstimmig dazu. Martinus
wußte hievon noch nichts; wünschte und suchte keine höheren Wür-
den , indem er lieber in stiller Einsamkeit für die Ausbreitung des
göttlichen Reiches wirken wollte. Für das schwere und wichtige
Amt eines Bischofs hielt er sich ganz unwürdig. Er würde wahr-
scheinlich diese Gegend verlassen haben, wenn er geglaubt hätte, daß
er dazu verlangt würde. Die Bewohner der Stadt Tours, und
der umliegenden Gegend kannten diese Gesinnungen des frommen
Mannes, und sahen es voraus, daß er sich ihrer Wahl widersetzen
und die Einsamkeit nicht verlassen werde. Um ihn aus seiner ruhi«
gen Zelle herauszubringen, und in ihre Gewalt zu bekommen, er-
dachten sie eine List, welche ihnen glückte. Ruritius, ein angesehe-
ner Bürger von Tours, kam zu der Zelle Martins, bat denselben
dringend, daß er doch seine schwer kranke Frau besuchen, und sie
segnen wolle. Martinus ließ sich durch das Flehen des in Thränen
schwimmenden Mannes bereden, aus seiner Zelle zu gehen; sogleich
aber wurde er von der im Rückhalte verborgenen Menge umrungen,
und wider seinen Willen unter lautem Iubelgeschrei in die Stadt
geführt. Alle Einwendungen des heiligen Mannes waren fruchtlos;
er mußte dem Willen des Volkes nachgeben, und die bischöfliche
Würde übernehmen. Die Bewohner Tours und der ganzen umlie-
genden Gegend, von welcher eine unzählige Menge Volkes zusam-
mengeströmt war, freuten sich des neuen Hirten. Nur wenige wa-
ren, welche die getroffene Wahl tadelten, und unter diesen wenigen
auch einige Bischöfe, die glaubten, man hätte die bischöfliche Würde
keinem Manne übertragen sollen, der so geringes äußerliches Ansehen
hätte, wie Martinus. Die Menge aber äußerte laut, daß gerade
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen