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752 Der heilige Martinus, Bischof von Tours.
fest gestellt in Mitte, war er bereit zu sterben, und rüstig, noch
länger zu arbeiten.
Das Fieber hielt mehrere Tage an. Er aber blieb sich gleich;
ungestört lag er bei Tage den Werken Gottes ob, und übernachtete
im Gebethe. Die schwindenden Kräfte zwang er noch, seinem Geiste
dienstbar zu seyn. Ein härener Sack und Asche war, auch in den
letztern Tagcn, sein Ruhebett. Seine Jünger baten ihn, er möchte
sich etwas Stroh unterlegen lassen: ,.,Kindcr!" sprach er aber, „es
ziemet dem Christen kein anderes Sterbebett, als die Erde mit Asche
bestreut. Und wenn ich euch ein anderes Beispiel als das
der Buße gegeben habe, so habe ich gefehlt." Seine Augen und
seine Hände waren stets gen Himmel gerichtet, und der Geist hielt
unbesiegt im Gebethe an. Und als ihn die Priester, die ihn in
großer Anzahl besuchten, freundlich baten, er möchte sich auf die an-
dere Seile legen, und dadurch dem Leibe eine geringe Linderung ver-
schaffen, gab er die unvergeßliche Antwort: „Brüder, lasset mich lie-
ber nur nach dem Himmel hin, als wieder nach der Erde umsehen,
damit mein Geist, der schon auf dem Wege zum Herrn steht, in
seiner geraden Richtung zu Ihm nimmer gestört werde." Jetzt er-
blickte er den Satan nahe bei sich stehen. Er sprach: ,>Was stehst
du da, du wild? Bestie? Elender, du wirst mir nichts anhaben
können: Abrahams Schoos nimmt mich auf." Mit diesen Worten
gab er seinen Geist auf, der nicht mit Worten, sondern mit göttli-
chen Thaten zu Gott flehte, und zu Gott heim eilte.
Die seinem Hinscheiden beiwohnten, bezeugten uns, daß sie an
der entseelten Leiche die Spuren eines verherrlichten Menschen gesehen
hätten. Es glänzte in seinem Gesichte die lichthelle Hoffnung der
Unsterblichkeit, und an den Gliedern des Greises war noch die Un-
schuld eines Knaben von sieben Jahren, das Siegel der Unbesieckt-
heit wahrzunehmen. Es war, als wenn die Herrlichkeit der Auser-
stehung sich schon zum voraus an seinem Leibe hätte zeigen wollen.
Da seine Leiche zur Erde gebracht wurde, floß eine unzählige
Menge Menschen zusammen. Die ganze Stadt, die Dörfer, die Fel-
der gaben ihre Bewohner her, und auch aus angränzenden Städten
eilten Zuschauer herbei.
Alle waren Eine Trauer. Vor allen weinten die Mönche um
ihn, die an diesem Tage bis gegen zwei Tausend sollen zusammen
gekommen seyn. Sie waren ein besonderer Ehrenkranz um die
Schläfe des Bischofs; denn sein Beispiel hatte diesen Stamm, der
ganz zum Dienste des Herrn geweiht war, in Gottes Garten so
fruchtbar gemacht. Der schon verblichene Hirt trieb, in seinem Lei-
chenzuge seine Heerde vor sich her, die blassen Gesichter der heiligen
Mönchsschaaren, ganze Heere in Mantel gekleideter Greisen, die sich
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen