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Am 13. März, 769
nen Tochter eine Reise nach Aegypten, die Güter, die sie in diesem
Lande besaß, zu besuchen. Da ward sie bekannt mit gottseligen
Jungfrauen, die in der Nachbarschaft eines ihrer Landhäuser in einem
Kloster beisammen wohnten, und ein sehr strenges Leben führten.
Sie tranken keinen Wein, sie genoßen kein Fleisch, keine Eier, keine
kostbaren Früchte. Ihre Nahrung bestand in Brod, Hülsenfrüchten
und Krautern, ihr Trank war Waffer. Gewöhnlich aßen sie des
Tags nur einmal, und zwar erst nach Sonnenuntergang. Einige
nahmen zwei und drei Tage keine Speise zu sich. Ihr Lager war
eine kurze und schmale Decke aus Ziegenhaaren, die sie auf dem Bo-
den ausbreiteten, um sich darauf zu legen. Sie beschäftigten sich
mit Handarbeit, soviel es ihre Kräfte zuließen. Mit diesen äußer-
lichen Strenghciten verbanden sie aber auch die vollkommenste Ab-
tödtung des Geistes, und die Liebe. Euphrasia wollte ihnen gewisse
jährliche Einkünfte anweisen, wofür die gottseligen Jungfrauen des
Antigonus, ihres verstorbenen Gemahls, in ihrem Gebethe gedenken
sollten. Allein die Vorsteherin des Klosters gab ihr die Antwort:
»Wir haben allen zeitlichen Gütern und allen Bequemlichkeiten des
Lebens entsagt, um Gottes Reich dafür zu erhalten. Wir sind arm,
und in der Armuth wollen wir auch sterben. Indeß werden wir
euers verstorbenen Herrn im Gebethe doch nie vergessen." Sie nah-
mcn nichts von ihr an, als ein wenig Oel, um das Licht in ihrem
Bethsaale zu unterhalten, und etwas Weihrauch, um ihn auf dem
Altare zur Ehre Gottes anzuzünden.
Die Wittwe Euphrasia ward durch den Umgang mit diesen
Klosterfrauen jedesmal sehr erbaut. Sie besuchte deßwegen dieselben
öfters, und nahm fast immer auch mit sich ihre kleine Tochter, die
unvermerkt vorbereitet wurde, eine große Dienerin Gottes zu werden.
Als sie erst sieben Jahre alt war, ward sie einem vornehmen Manne
am kaiserlichen Hofe zur Braut versprochen. Allein Euphrasia wählte
sich einen andern Bräutigam, den Herrn Jesum Christum, dem sie,
sich ungetheilt hinzugeben, entschlossen war. Sie ward, als sie das
erforderliche Alter erreicht hatte, in die Gesellschaft der vorerwähn-
ten gottseligen Jungfrauen aufgenommen. Die Mutter gab dazu
ihre Einwilligung, so schmerzlich es ihr wurde, sich von der gelieb-
ten Tochter zu trennen. Ihr Glaube gab ihr den Muth, diesen
Sieg über die sinnliche Natur zu erringen. Sie selbst widmete sich
ebenfalls einer sehr strengen Lebensweise, und strebte eifrig, auf dem
Wege der Gottseligkeit immer weiter vorzurücken. Sie aß kein
Fleisch, trank keinen Wein; sie fastete viel, und nahm immer erst
gegen Abend Speise zu sich, die in Hülsenfrüchtcn und Kräutern be-
stand. Mit reichlichen Almosen unterstützte sie die Armen und Dürf-
tigen , und übte andere Werke christlicher Liebe. So bereitete sie
Erster Band. 49
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen