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770 Die heilige Eufthrasia,
sich zum nahen Hintritte aus dieser Welt vor. Sie starb den Tod
der Gerechten. Der Ruf ihrcr Heiligkeit verbreitete sich allenthal-
ben, und die griechische Kirche sing bald nach ihrem Tode an, sie
als eine Heilige zu verehren, und feiert ihr Andenken sowohl, als
das Andenken ihres heiligen Ehegemahls, des Antigonus, am 11.
Jänner. —
Nachdem der Kaiser in Constantinopel die Nachricht von dem
Hintritte der Euphrasia erhalten hatte, setzte er den, welchem die
junge Euphrasia zur Ehe versprochen worden war, in Kenntniß da-
von; ließ ihn zugleich aber auch wissen, daß dieselbe sich in ein Klo-
stcr begcbcn, und Jesu Christo verlobet habe. Euphrasia ward von
dem Kaiser an das Versprechen erinnert, welches die Eltern in ih-
rem Namen gemacht hatten. Darauf ertheilte sie in einem Schrei-
ben folgende Antwort: „Ich gehöre Jesu Christo an, und kann mich
also keinem andern mehr überlassen. Mein einziges Verlangen ist,
daß die Welt auf Euphrasia ganz vergesse. Nur um die Gnade
bitte >ch den Kaiser, die Güter, welche ich in Constantinopel und in
der Nachbarschaft als Erbe von meinen Eltern besitze, unter die Ar-
men l nd Waisen auszutheilen; allen Leibeigenen meines Hauses d«
Freiheit zu schenken, und den Pachtern meiner Güter allen Pacht zu
erlassen, den sie seit dem Tode meiner Eltern schuldig waren, damit
ich auf die Weise frei von allen zeitlichen Sorgen, Gott ohne Hin-
derniß dienen könne. Bethet für mich zum Herrn, daß ich seiner
würdig lebe; um die nämliche Gnade bitte ich auch die Kaiserin."
Theodosius las diesen Brief in öffentlicher Rathsversammlung vor,
und konnte sich dabei der Thränen nicht enthalten. Die Rathsher-
ren waren durch dasselbe nicht weniger gerührt, und riefen einmü-
thig: „Wahrhaft, eine würdige Tochter des Antigonus und der Eu-
phrasia. Sie macht dem erlauchten Blute, das in ihren Adern fließt,
wahre Ehre; sie ist ein heiliger Zweig von einem heiligen Stamme."
Ihre Willensmcinung wurde pünktlich vl ^zogen.
Nachdem Euphrasia auf diese Weise nun alles von sich ent-
fernt hatte, was immer im Geschäfte ihres Heils sie stören und hin-
dern konnte, vergaß sie vollkommen die Welt, und widmete sich ganz
der Betrachtung ewiger Wahrheiten, und der Uebung aller Tugen-
den, besonders der Demuth, der Selbstverläugnung und der Abtöd-
tung. Schon seit dem zwölften Altersjahre hatte sie sich's ange-
wöhnt, des Tages nur einmal, auf den Abend, zu essen, und bis-
weilen blieb sie bis zum dritten Tage ganz ohne Speise. Gerne
unterzog sie sich den schwersten und niedrigsten Verrichtungen des
Klosters, ward zur Dienerin aller ihrer Mitschwestern, und zum sel-
tensten Muster der Demuth. Gott ließ sie durch das Feuer vieler
und schwerer Versuchungen des Fleisches gehen, bekräftigte sie aber
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen