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Am 16. Jänner. 793
Pfad der Tugend, erschütterte die Sünder, beruhigte die Trost-
losen und Geängstigten. Als ein Engel des Friedens stiftete er
Friede, wo derselbe gestört war. Auch als Bischof bewies er sich
als den wohlthätigsten Vater der Armen, und als einen getreuen
Ausspender der Gaben, die von gottesfurchtigen Händen im anver-
traut wurden. Selbst da, als er schon von der Krankheit befallen
war, die ihn nach kurzer Dauer in die ewige Hcimath hinüber
brachte, hörte er nicht aus zu wirken. Es war am Feste der Er:
scheinung des Herrn, als er, obgleich sehr krank, das Wort Gottes
seiner Heerde zum Letztenmal öffentlich verkündigte — die Schmerzen
des Körpers besiegend durch den brünstigen Eifer seiner Liebe. Wer
immer zu seinem Krankenbette kam, empfing Ermahnungen zum
Heile, und Worte des Trostes. Die Seinigcn, die sich sein nahes
Ende nicht verbergen konnten, waren untröstlich, und vergossen häu-
fige Thränen an seinem Bette. Er blieb ruhig, verbarg sein eige-
nes Leiden, auf daß er das ihrige lindere, und sprach ihnen mit
sanfter Liebe kräftigen Trost in das Herz. Mit großer Sorgfalt
ordnete er Alles, und mit einer Ruhe des Gemüthes, welche in Er-
staunen setzte. Mehrmal forderte er seine Umgebung auf, ihn ja auf
Alles aufmerksam zu machen, was er etwa noch zum Heile thun
könnte und sollte, und darauf zu erinnern, wenn seinem Gedächtnisse
etwas entfallen würde. Alle Verfügungen bekräftigte er mit seiner
Unterschrift, selbst in den letzten Tagen noch, als er schon sehr
schwach und dem Tode nahe war.
Mehr als alle andere war Hilarius über den nahen Verlust
seines geliebten Lehrers bekümmert. Honoratus sagte ihm: „Soll-
test du nicht willig dich fügen wollen in meinen Hintritt, den ich
doch so ruhig erwarte?" und als Hilarius bemerkte, daß er mehr
der Schmerzen wegen, die sein Lehrer leide, als um seiner selbst
willen bekümmert sey, sprach Honoratus: „Was ist das, was ich,
der geringste aus allen, leide, im Vergleiche mit dem, was
viele der größten Heiligen vor ihrer gänzlichen Wollendung erdulden
mußten."
Die körperlichen Kräfte des frommen Dulders schwanden end-
lich so ganz dahin, daß alle Glieder ihren Dienst versagten; der
Geist aber blieb kräftig und heiter. In seinen Gedanken durchlief
er noch die Reihe derer, die seinem Herzen vorzüglich theuer, und
jetzt abwesend waren; an so viele derselben, als er vor großer
Schwachheit noch nennen konnte, bestellte er durch die Umstehenden
seinen letzten Gruß. Endlich fiel er in einen tiefen Schlummer.
Die Umstehenden besorgten das nahe Ende und seufzten; dadurch
ward er aufgeweckt und sprach zu ihnen: »Ich wundere mich, daß
euch mein Schlaf, den ich so lange schon entbehrt habe, bekümmern
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen