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Am 4. Mai und am 28. August. 801
hohen Alter ein Kind Christi geworden war, und seine Stirne ge<
zähmt hatte zu der Schmach des Kreuzes.
Das Beispiel der Bekehrung des Viktorinus verfehlte nicht den
Zweck des Simplicianus. Augustin entbrannte von Begierde ihm
nachzuahmen. — In einem Gespräche mit Augustin kam Pontitia-
nus, sein Landsmann, der bei Hofe in großem Ansehen stand, ein
rechtgläubiger Christ, und ein großer Bether war, auf den heiligen
Abt Antonius in Acgypten, und ward hiedurch veranlaßt, von einer
Ordensgesellschaft zu reden, die unter der Leitung des heiligen Ambro-
sius ein gottseliges Leben führte. Ihr Kloster stand nahe bei der
Stadt, und war dennoch dem Augustin und seinem Freunde Alipius
unbekannt geblieben. Darauf erzählte Pontitianus, wie er einst in
Trier mit drei Freunden e"en Lustwandel zwischen Gärten vor der
Stadt gemacht habe, wie zwei derselben in ein Häuschen gerathen,
dessen Bewohner sich dem vollkommensten Dienste Gottes widmeten,
wo sie das Leben des heiligen Antonius gefunden. Einer yon ih-
nen, ein Sachwalter, sey ergriffen worden, daß er sich zur Nachah-
mung des Heiligen entschlossen, und habe seinen Freund zu gleichem
Entschlüsse entzündet. Beide hatten Bräute, aber auch diese widme-
ten sich, wie jene, dem jungfräulichen Leben. Pontitianus verließ
nun beide Freunde, und ließ den Augustinus, tief betroffen von die-
sen Erzählungen, zurück. Beschämt und zürnend gegen sich selbst,
machte er sich herbe Vorwürfe über seine immer wieder ausgeschobe-
nen Vorsätze einer wahren Buße. Auf einmal brach er los gegen
Alipius: „Wie steht's mit uns? Was ist das? Was hast du ge-
hört? Ungelehrte stehen auf, und reißen das Himmelreich an sich.
Schämen wir uns etwa, ihnen zu folgen, weil sie vorangingen, und
schämen uns nicht, daß wir ihnen nicht nachfolgen?" Plötzlich riß
er sich los von seinem Freunde, und ging in das Gärtchen des
Hauses. Der Zustand, in welchem er war, die Glut seiner Augen
und seines Angesichtes, die Stimme, in welcher er gesprochen, waren
dem Alipius noch mehr, wie die Worte, so er gesprochen hatte, auf-
gefallen. Dieser ging ihm deßwegen auf dem Fuße nach. In ern-
ster Betrachtung ganz in sich gekehrt, fing sein erschüttertes Herz
an, seine ganze Sündhaftigkeit zu fühlen, es stürmte heftig in ihm
— dieß waren die Wehen seiner geistigen Geburt — und dann
brach er in einen heftigen Strom von Thränen aus. Denselben
freien Lauf zu lassen, stand er auf, entfernte sich vom staunenden
Alipius, warf sich unter einen Feigenbaum, und da zerfloß sein Herz
in Thränen. Er rief stehend zu Gott empor. Da hörte er auf
einmal von des Nachbars Hause her, wie die Stimme eines singen-
den Knäbleins, oder Mädchens, welche oft die Worte wiederholte:
„Nimm, und lies! nimm, und lies!" Er entfärbte sich, sann nach,
Erster Band, 51
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen