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816 Die heilige Melania und ihr Gemahl Pini
tung zu einem gottseligen Leben. Sie ließ für dieselben ein Kloster
erbauen, in welchem sie sich oft aufhielt; aber vielmehr um das Bei«
spiel tiefster Demuth zu geben, als um da zu herrschen. Dieses
Kloster lag nahe bei Jerusalem, und nicht weit davon ließ auch
Pinianus eines bauen für das männliche Geschlecht. Auch er war
gesinnt, darin sein Leben zu beschließen. Allein schon gegen das
Ende des Jahres 435 nahm ihn Gott zu sich in ein besseres Leben.
Melania, in der frohen Erwartung, daß Gott nun auch sie zu sich
rufen werde, verdoppelte ihr Gebeth, ihr strenges Fasten und die
Ausübung christlicher Tugenden. Sehr unerwartet kam ihr ein Brief
aus Constantinopel von Volusianus, einem Bruder ihrer Mutter,
der in die morgcnländische Kaiserstadt in Reichsgcschäftcn vom kai-
serlichen Hofe des Abendlandes geschickt worden war. Dieser bat
die Melania, nach Constantinopel zu kommen. Er war noch Heide,
ungeachtet sowohl Anverwandte, als Fremde, auch selbst der große
Augustin sich eifrigst bemüht hatten, ihn zum Christenthume zu be:
kehren. So beschwerlich der Melania eine solche Reise seyn mußte,
so unternahm sie selbe doch, in der Hoffnung, daß sie vielleicht ihren
Oheim Jesu Christo gewinne. Als sie nach Constantinopel kam,
traf sie den Volusianus auf dem Krankenbette an. Der Anblick ih-
res, durch strenge Abtödtungen abgezehrten Körpers, ihr geringes
Gewand, ihre Demuth, und dabei ihr lauterer und froher Sinn
machte auf ihn einen sehr tiefen Eindruck, — ihr liebevolles Zure-
den , ihre sanften und überzeugenden Vorstellungen fanden Eingang
in sein Herz, — ihr flehentliches Seufzen zu Gott ward erhört.
Volusianus bekehrte sich, ließ sich taufen, und starb nicht lange nach-
her. Melania genoß in Constantinopel von vielen, selbst von dem
Kaiser Theodosius I I . , und von der Kaiserin Eudoria hohe Vereh-
rung. Das Beispiel ihrer Gottseligkeit blieb nicht ohne segenvolle
Wirkung; ja sie war so glücklich, selbst auch solche, die der nestoria-
Nischen Ketzerei anhingen, von ihrem Irrthume zu überzeugen, und
in den Schooß der heiligen Kirche zurückzuführen. Auf das Oster-
fest des Jahres 437 kam sie nach Jerusalem wieder zurück, wo sie
ein zweites Kloster erbaute, noch viel Gutes wirkte, und endlich am
31. Jänner des Jahres 439 ihr gottseliges Leben vollendete.
Wer muß nicht, wenn er beherziget, was Melania in ihrer letz-
ten Lebenszeit in Constantinopel noch wirkte, die Vorsicht und Weis-
heit Gottes erkennen, und anbethen? Gott weiß immer jene Mittel
zu wählen, die am gewissesten zum Ziele führen, und oft wählt er
die schwächsten, auf daß die Menschen sehen, daß es sein Finger ist,
der alles lenkt und leitet. Nicht ein großer und gelehrter Bischof,
Augustin, ist es, der den Volusianus zum Glauben bekehren soll.
Gott ruft dazu eine schwache, in den Augen der Welt verächtliche
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen