Seite - (000038) - in Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres - Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 2
Bild der Seite - (000038) -
Text der Seite - (000038) -
34
Der heilige Wendelinus, ein Hirt.
(Am 20. Qkiow'.)
Wendelinus war aus einem königlichen Geschlechte in Schott-
land (so heißt der nördliche, kleinere Theil von Großbritannien oder
England) entsprossen, wo erst spät das Licht des Christenthums dis
dortigen Finsternisse erleuchtete. Die königliche Familie nahm zuerst
den heiligen Glauben an, und Wcndclinus wurde in früher Jugend
schon in demselben unterrichtet. Frühzeitig erkannte er, daß eine der
.ersten Grundlehren dieser heiligen Religion sey, die Nerläugnung sei-
ner selbst, und die Verachtung alles Vergänglichen, um das Reich
Gottes desto eher an sich reißen zu können. Dadurch ward in ihm
rege ein heilsamer Eckel an allein Irdischen, und der sehnliche Wunsch,
in stiller Abgeschiedenheit von der Welt Gott zu dienen, und sein
Seelenheil zu bewahren.
Er glaubte seinen Wunsch nur dadurch sicher erfüllen zu kön-
nen, wenn er die Hoffnung zum irdischen Reiche auf dem königlichen
Throne seiner Väter, und die Aussicht zu einem glanzvollen Leben
aufgäbe, um dafür das zeitlich und ewig beseligende Reich Gottes
einzutauschen. Er beschloß daher das väterliche Haus und den kö-
niglichen Hof zu verlassen, seine irdische Abkunft zu verläugncn, und
in dcmuthsvoller Verborgenheit nach dem Vorbilde unsers göttlichen
Heilandes lieber selbst zu dienen, als sich dienen zu lassen. Nach-
dem er viele Orte Schottlands und Englands durchwandert, sich ei-
nen Dienst zu suchen, aber keinen gefunden hatte, der seiner Absicht
entsprechend schien, schiffte er über das Meer und kam nach Deutsch-
land in die Gegend von Trier. Hier, wo noch viele große Wälder
und unangebaute Strecken sich befanden, zeigte sich seinem, die Ein-
samkeit liebenden Sinne, die schönste Gelegenheit, dem Geräusche der
Welt und der Menschen zu entrinnen. Mit einem reichen Gutsbe-
sitzer ließ er sich in ein Gedinge ein, gegen freie Beköstigung das
Vieh zu hüten. Dieses in den Augen Vieler so niedrig scheinenden
Geschäftes schämte er sich um so weniger, da der Heiland selbst gerne
mit einem guten Hirten sich verglich. Durch seinen neuen Beruf
war sein Wunsch erfüllt; er konnte bei demselben das Verlangen,
Gott und seinem Seelenheile zu dienen, nach Herzenslust befriedigen.
Mit der größten Sorgfalt und mit allem Fleiße hütete er die Heerde,
suchte er die besten Weideplätze aus, bewachte sie vor aller Gefahr
und vor jedem Schaden, so viel es in seiner Macht stand, tricb sie
Abends zu rechter Zeit in den Stall, hielt sie gut und reinlich, kurz:
er war höchst treu und fleißig in seinem Berufe. Durch seine Schuld
ging kein Stück von der Heerde zu Grunde; vielmehr wußte er, so
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 2
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 2
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 982
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen