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Am 20. Oktober. 35
lange er Hirt war, nichts von einem Unfälle, der ihm, oder seiner
Heerde begegnet wäre. Sein Fleiß wurde von Gott sichtbar geseg«
net, und sein Herr nahm auf diese Art an zeitlichem Gute auffallend
zu. Zwar erkannte dieser es nicht, daß es von seinem frommen
Wcndelinus herkomme. Das machte aber den guten Hirten keines:
wegs irre, denn was er that, that er nicht des Weltlobes wegen,
an das er in seiner tiefen Demuth gar nicht dachte. Einzig um
die getreue Erfüllung seiner Pflichten, und um das Wohlgefallen
Gottes war es ihm zu thun. Er hatte fortwährend seine Augen
bei der Heerde, und sein Herz bei Gott. Es kam ihm alles leicht
vor, weil er alles aus Liebe zu Gott that. Arbeiten war ihm Be-
thcn, und während des Bethens arbeitete er. Hatte er freie Stun-
den, so benutzte er sie zum Gebethe, zu frommen Betrachtungen, zu
Werken der Dienstgefälligkeit und Liebe, und zum engeren» Umgänge
mit Gott. Da geschah es dann oft, wenn er sich in seinem Sinne,
in die Lehren, Beispiele und Thaten des göttlichen Erlösers versenkte,
daß es ihn dünkte, als unterrede er sich mit Jesus Christus selbst.
So vergingen ihm Tage und Wochen, Monate und Jahre im höch-
sten Frieden der Seele, und im Vorgeschmäcke der himmlischen
Seligkeit.
Viele Jahre schon hatte Wendelinus seinem Herrn gedient, als
dieser endlich auf die großen Vorzüge desselben aufmerksam ward,
und ihn, den er bisher für einen gewöhnlichen Hirten geachtet hatte,
hochzuschätzen anfing. Er gestattete ihm nun, daß er sich nach sei«
nem Wunsche einen Ort in der Gegend zu seinem einsamen Aufent:
halt aufsuchen möge. Wcndclinus wählte die Stelle eines Waldes,
nicht ferne von der Wohnung seines bisherigen Gebieters, in der
Nähe eines Klosters. Da lebte er in einer Klause, die jener ihm
hatte erbauen lassen, und lag nun freudig und ungestört den gottse-
ligen Uebungen des Geistes, der Betrachtung und dem Gebethe ob,
mit denen er auch strenge körperliche Abtödtung durch Wachen und
Fasten verband. Er hatte noch nicht lange in seiner Einsiedelei ge-
lebt, als der Abt des benachbarten Klosters starb. Die Mönche ver-
fielen bei der Wahl eines neuen Abtes einstimmig auf Wendclinus,
dessen Gottseligkeit und heiliger Wandel ihnen nicht verborgen ge-
blieben war. Lange weigerte sich der demüthige Klausner, die neue
Würde zu übernehmen, weil er sich derselben unwürdig hielt, und
lieber gehorchen als befehlen wollte. Endlich gab er auf das an-
haltende Bitten der Mönche nach, und wurde also Abt im Kloster,
welches Tol hieß. Er leitete seine Klostergcmeinde durch mehrere
Jahre mit Weisheit und Liebe, mehr durch das Vorbild seines Wan-
dels als durch Vorschriften und Ermahnungen. Endlich ward er,
nachdem er ein hohes Alter erreicht hatte, krank, und starb bald
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Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 2
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 2
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 982
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen