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44 Der heilige Goar, Priester und Bekenncr.
Abgeordneten dieses hörten, konnten sie ihr böses Her; länger nicht
verbergen. Ganz entrüstet sagten sie ihm, daß sie an dem Mahl
nicht Theil nchmen werden, und warfen ihm mit Bitterkeit Schwel:
gcrei vor. Ganz gelassen erwiederte er: „Es steht nicht gut in
einem Hause, in welchem die Gottesfurcht mangelt. Hattet ihr Got-
tesfurcht, so würdet ihr, was die Liebe thut, nicht verschmähen."
Mittlerweile kam der Diener Goars, und zeigte an, daß ein Fremd-
ling vor der Thüre sey. Der Priester ward hoch erfreut, und hieß
ihn hereinführen. Es kam noch ein zweiter, und mit Beiden ver-
zehrte er in Liebe das, was die Liebe zubereitet, die Lieblosigkeit
aber verschmäht hatte. — „Wie gut, wie angenehm ist's, wenn
Brüder in Eintracht leben?" — Für diese Wahrheit hatten die
Abgeordneten des Bischofs keinen Sinn. Sie freuten sich zwar zu
sehen, was vorging. Ihre Freude ward ihnen aber von der Bos-
heit ihres Herzens bereitet, die jetzt einen neuen Grund zu haben
glaubte, den frommen Priester der Schwclgcrei zu beschuldigen, und
dadurch seine ganze gottselige Lebensweise als Heuchelei z'l erklären.
Mit Ungestüm beschleunigten sie die Abreise, und baten, in ihrer
verabscheuungswürdigen Glcißncrei, in der sie strenge Mäßigung
scheinbar machen wollten, den Goar nur um etwas weniges, mit
dem sie sich auf dem Wege zur Nothdurft erquicken könnten. Freu-
dig gab er ihnen, was sie verlangten. Sie reisten ab, und er
folgte ihnen, reitend auf einem Escl. Auf der Reise unterhielt er
sich mit Gott durch Gebeth und Psalmgesang.
Nachdem sie eine Strecke Weges gereist waren, fing Durst
und Hunger die bischöflichen Abgeordneten zu quälen an. Sie lenk-
ten vom Wege ab zu einem Bache, bei dem sie sich erquicken woll-
ten , sahen aber denselben zu ihrem größten Erstaunen ganz aus-
getrocknet. Sie machten sich nun über ihre Reisesäcke her, um das
zu verzehren, was sie von Goar mit sich genommen hatten. Betrof-
fen und staunend standen sie aber da, als sie auch diese ganz leer
fanden. Sie konnten nicht verkennen Gottes strafende Gerechtigkeit.
Die Entkräftung ward mit jedem Augenblicke größer durch den quä-
lenden Hunger und durch den brennenden Durst. Alvuinus wurde
endlich ohnmächtig und fiel vom Pferde. Mittlerweile war Goar,
der in einiger Entfernung nachfolgte, ihnen nahe gekommen. Er
bemerkte ihre Verlegenheit und eilte zu ihnen hin. Dieß war der
Augenblick zur Erfüllung der göttlichen Lehre: „Wenn dein Feind
hungert, so speise ihn, wenn er durstet, so tränke ihn; dadurch wirst
du brennende Kohlen über seinem Haupte sammeln. Laß dich nicht
überwinden von dem Bösen, sondern besiege du das Böse durch
Gutes!" Adalvinus sagte zu ihm: „Gottseliger Priester, komm uns
zu Hilfe, wofern wir »icht vor Hunger und Durst verschmachten
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 2
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 2
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 982
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen