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4s Der heilige Maurus, Abt.
Auge fortwährend auf Gott gerichtet war. Fast immer hatte er,
wenn die Brüder zum nächtlichen Chorgebethe zusammenkamen, sich
schon lange vorher an dem Gcbcthsorte cingefunden, und fünfzig,
hundert, ja öfters hundert und fünfzig Psalmen, also den ganzen
Psalter schon gebethet. Mit dem Gebethe und mit dem Nacht:
wachen verband er sehr strenges Fasten, und andere körperliche Ab-
tödtungcn. Sein Eifer in allen diesen Uebungen ward von ihm
verdoppelt, in der Fastenzeit, während welcher er in der Woche nur
zweimal etwas weniges Speise zu sich nahm, ganze Nächte im Ge:
bethe durchwachte, oder seinem Körper einen kurzen Schlaf nur ste-
hend oder sitzend gönnte. Unter seiner gewöhnlichen Kleidung trug
cr beständig ein rauhes Bußgewand. In der Fastenzeit war diescö
seine einzige Bedeckung, wobei cr die empfindlichsten Qualen von
der Kälte erduldete. Nicht selten mußte sein Lehrmeister, der heilige
Bencdict, der zu großen Strenge dieses Schülers Einhalt thun.
Maurus war, wie sein Mitgenosse, der heilige Placidus, manch-
mal der einzige Zeuge von den außerordentlichen Werken, welche
der Diener Gottes Bcncdict verrichtete. Ihnen hatte sich auch im
vorzüglichem Maaße der Geist ihres großen Lehrers mitgetheilt.
Gott hatte, wie diesen, auch den Maurus mit der Wundergabe be-
gnadiget. Der heilige Bcnedict, der schon seit längerer Zeit dem
Maurus die Aufsicht über die zeitlichen Angelegenheiten des Klosters
übertragen hatte, war einst auf kurze Zeit abwesend. Da ging
Maurus eines Tages mit einigen Brüdern auf das Feld hinaus,
Früchte einzusammeln. Bei ihrer Rückkehr trafen sie auf dem
Wege einen Knaben an, der hinkend und stumm war. Seine Ael-
tcrn waren bei ihm, warfen sich dem Maurus zu Füßen, und baten
unter häufigen Thränen mit lautem Geschrei, daß er den Knaben
heilen wolle. Sie umfaßten seine Kniee, um ihn nicht weiter gehen
zu lassen, bis ihre Bitte erhört wäre. Maurus erzitterte über das
ungestüme Verlangen der Acltern, und rief laut, daß er ein Sünder
sey, und ein Werk nicht könne, welches nur von den Aposteln, und
solchen, die Nachfolger derselben im Glauben und in der Tugend
wären, geschehen könne. Die Brüder, welche den Maurus als wür-
digen Nachfolger der Apostel verehrten, vereinigten ihre Bitten mit
dem Flehen der Aeltern. Maurus warf sich auf die Kniee, vergoß
viele Thränen, sichte voll Inbrunst zu Gott, nahm die Stole, die
cr in diesem ersten Jahre seines Diaconats beständig um dcn Hals
trug, legte sie auf das Haupt des Knaben, machte über ihn das
Kreuzzeichen, erhob seine Augen gen Himmel und rief: Herr Jesu
Christe! der du den Aposteln gesagt hast: „Glaubet, daß ihr alles,
um was ihr im Gebethe bittet, empfanget, und es wird euch wider-
fahren, «eige auch jetzt gnädige Erhörung der Bitten, die wir deine.
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 2
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 2
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 982
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen