Seite - (000452) - in Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres - Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 2
Bild der Seite - (000452) -
Text der Seite - (000452) -
450 Die heilige Itha, Gräfin von Toggenburg.
kleinere Stücke von weichem Holze zu Trinkgcschirrcn aus, und be-
reitete aus diese Art manche andere Dinge, welche ihr in ihrer Ein-
samkeit viele und gute Dienste leisteten. Die Tage, an welchen sie
wegen Kälte und Schnee nicht aus ihrer Hütte konnte, widmete sie
ganz der stallen, heiligen Andacht, und war in dieser nur allein mit
Gott beschäftiget. Menschlichen Trost konnte sie entbehren, denn
der himmlische wohnte in ihrem Herzen. Dieser versüßte ihr jedes
Leiden, und erhielt sie immer zufrieden und fröhlich. Stunden und
Tage, Monate und Jahre verstrichen, währenddem Itha zwar ein-
sam auf Erden, aber auch beinahe schon selig im Himmel lebte;
denn ihre Gedanken waren stets bei Gott, und ihre Seele in seinem
Lobe mit den Engeln und Heiligen vereiniget.
Ganz anders sah es auf dem Schlöffe Toggenburg aus. So-
bald die Leidenschaft des unmenschlichen Zornes bei dem Grafen
Heinrich ausgetobt hatte, und die vernünftige Ueberlegung in seinem
Herzen wieder erwachte, so stiegen auch schon Zweifel über die
schnelle Verurtheilung und Verstoßung seiner Gemahlin in seiner
Seele auf. Der arglistige Dominiko gab sich alle Mühe, sie zu
vertreiben. Allein dieß gelang ihm immer nur auf wenige Augen:
blicke. Immer, und imB^er fürchterlicher erwachte in Heinrich der
Gedanke: „Ungehört, unüberlegt, und im Zorn habe ich sie verur-
theilt und gelobtet." Dieser Gedanke raubte alle Fröhlichkeit und
Munterkeit aus seinem Herzen. Nirgends fand er weder Rast noch
Ruhe. Er war unglücklich und unzufrieden auf seinem schönen
Schlöffe, und bei seinen besten Freunden, im Genusse der größten
Schätze und Reichthümer, bei allen Freuden und Ergötzlichkeiten,
weil ein unruhiges Gewissen ihn quälte, und Itha war zufrieden,
ruhig und glückselig in ihrer Hütte bei aller Armuth und Ver-
lassenheit, weil ihr gutes Gewissen sie der Unschuld und Tugend
versicherte.
Itha hatte bereits siebcnzehn Jahre unter dem Schutze des
Himmels in ihrer Einsamkeit zugebracht, als ein Jäger des Grafen
an einem Tage in der Tiefe des Waldes menschliche Fußtritte ge-
wahr wurde, denselben sorgfältig nachforschte, die Hütte der Itha,
und in dieser sie selbst entdeckte, und staunend für die so lange
schon todt geglaubte Gräsin erkannte. Er bezeugte ihr seine Ehr-
furcht, eilte dann in das Schloß Toggenburg zurück, und entdeckte
dem Grafen Heinrich insgeheim, was er gesehen und gehört habe.
Der Graf gerieth in die höchste Verwunderung. Er wollte nicht
glauben. Erst auf die wiederholten Betheuerungen des Jägers, der
ihm jetzt auch sagte, wo der Ring gefunden worden, was ihm durch
die schlaue Vorsorge des Dominiko b,s daher verborgen geblieben
war, erwachte er, wie aus einem Traume, glaubte, daß er betrogen,
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 2
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 2
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 982
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen