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Aus den so entstehenden 72 Worten findet sich in einem deutschen Wörterbuch ausschließlich das Wort
‚hallo‘. Die deutsche Sprache ist also so redundant, dass einer Ziffernfolge meist nur ein Wort entspricht,
d.h., man kann mit einer Zifferntastatur Text schreiben. In den wenigen Fällen, wo eine Ziffernkombination
mehr als einem Wort entspricht, erlaubt man die gewünschte Wahl wieder durch die Eingabe von 1, 2 etc.
Diese Idee stammt nach dem Wissen des Verfassers von DI Gerhard Greiner und dem Verfasser, und wurde
viel später für das Versenden von SMS mit numerischer Tastatur wiederentdeckt.
In manchen Publikationen findet man bisweilen die Aussage: „Die erste E-Mail wurde 1983 von x an y
übermittelt“. Das ist nur insofern richtig, wenn man eine Nachricht als E-Mail nur dann als solche bezeich-
net, wenn das Internet der Transportweg ist. Ansonsten wurden E-Mails über BTX und ähnliche Systeme
schon sehr viel früher versandt.In diesem Sinn bot BTX nicht nur Informationen an, sondern erlaubte auch
das Tätigen von Bestellungen und Buchungen sowie das Versenden von Nachrichten und anderer interakti-
ver Tätigkeiten. Man könnte überspitzt formulieren, dass die BOX-7 (wie man sie nannte) der erste Blog,
den ein ganzes Land verwenden konnte, gewesen ist, wobei man nicht einmal einen eigenen BTX-An-
schluss benötigte, weil viele Postämter gratis benutzbare öffentliche Terminals anboten. Die österreichische
E.R.D.E (Elektronische Rede- und Diskussions-Ecke) von 1987 könnte wohl auch als erste, der breiten Öf-
fentlichkeit zugängliche Chat-Plattform gelten.
Schon die ersten Versionen von BTX hatte einige interessante Eigenschaften, die dem heutigen Web
fehlen: So hatten Nachrichten zum Beispiel einen bekannten Absender (SPAM konnte daher nicht existie-
ren) und es gab gebührenpflichtige Seiten, die Mikrozahlungen zuließen, wobei diese (da die damaligen Te-
lekomunternehmen staatliche Monopole waren) mit der Telefonrechnung ausgewiesen wurden. Damit war
es möglich, ohne über Benutzerkennung und Passwort hinauszugehen, zum Beispiel eine BTX-Torte mit
den Zuckerbuchstaben „Unserem Hannes alles Gute“ über BTX zu bezahlen und zu versenden.
Wie schon vorher erwähnt, wurde BTX in den verschiedensten Ländern mit zusätzlichen Funktionen
ausgestattet, Funktionen, die zum Teil dem WWW bis heute fehlen. Darüber wird im nächsten Abschnitt
berichtet.
In Kanada versuchte man besonders die komplexen Mosaik-Grafiken zu vereinfachen und programmierte
den Decoder so, dass er automatisch gewisse geometrische Objekte zeichnen konnte. Statt zum Beispiel ei-
nen roten Kreis annähernd und aufwendig aus Mosaiksteinchen zusammenzusetzen, schickte man einen
Code, der im Wesentlichen besagte: „Zeichne einen rot gefüllten Kreis mit Radius r und Zentrum (x,y).“
Diese Entwicklung von „geometrischer Grafik“ unter dem Namen „Telidon“ wurde dann von AT+T unter
‚NAPLPS‘ weiterverfolgt, ohne aber einen entscheidenden Durchbruch auszulösen.
In Japan setzte man mit dem Videotext-System ‚CAPTAIN‘ nur auf pixelorientierte Bilder, weil man so
gleich auch japanische Schriftzeichen erzeugen konnte. Da es aber zu dieser Zeit noch kein Komprimie-
rungsverfahren gab (wie zum Beispiel heute unter anderem bei Bildern im Format .jpeg in Verwendung),
waren die Übertragungszeiten unangenehm lang. In Europa wurde von allen damaligen Kommunikations-
monopolbetreibern 1985 eine neue Norm, ‘CEPT II, Level 2 und 3‘ (Level 2 dabei verpflichtend), be-
schlossen, wodurch eine Umstellung bei den Benutzern und Benutzerinnen, bei den Serverbetreibenden
und den Decoderherstellenden notwendig war und damit mit Sicherheit auch die Weiterentwicklung ver-
langsamt statt beschleunigt wurde.
Level 2 der Norm sollte ein verbessertes BTX sein: 4096 Farben, 32 verschiedene Blinkfrequenzen, frei de-
finierbare Zeichensätze (dynamically redefinable charactersets, DRCS) u. Ä. erlaubten zwar die Erstellung
sehr schöner Bilder, jedoch mit erheblichem Aufwand. Level 3 beinhaltete geometrische Grafik, war jedoch
nicht verpflichtend in der Umsetzung und wurde eigentlich nur in Österreich aktiv verfolgt.
Es ist inzwischen so viel Zeit vergangen, dass man heute ungestraft erklären darf, warum Europa eine so
eigene komplexe europäische Grafiknorm für BTX einführte: Man konnte damit die ersten am Horizont
sichtbaren Heimcomputer aus Japan oder den USA aus Europa schlicht und einfach fern halten, denn ohne
spezielle Hardware waren die eigentümlichen Anforderungen der Grafik erst mit sehr hochwertigen Heim-
computern und daher erst zehn Jahre später (mit dem ‚Amiga‘ von Commodore als erstem) möglich. Kurz-
um, die Norm war in Wahrheit ein Schutzschirm gegen Importe nach Europa. Im Schutze dieses Schirms
hoffte man, eigene europäische Geräte erzeugen und anbieten zu können.
L3T
Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Titel
- L3T
- Untertitel
- Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Herausgeber
- Martin Ebner
- Sandra Schön
- Verlag
- epubli GmbH
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 3.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 594
- Schlagwörter
- L3T, online
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Einführung 11
- Von der Kreidetafel zum Tablet 27
- Die Geschichte des WWW 39
- Hypertext 51
- Geschichte des Fernunterrichts 65
- Informationssysteme 75
- Webtechnologien 89
- Multimediale und interaktive Materialien 99
- Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
- Human-Computer-Interaction 117
- Didaktisches Handeln 127
- Medienpädagogik 139
- Systeme im Einsatz 147
- Kommunikation und Moderation 157
- Forschungszugänge und -methoden 167
- Planung und Organisation 177
- Literatur und Information 185
- Die „Netzgeneration“ 201
- Multimedia und Gedächtnis 209
- Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
- Prüfen mit Computer und Internet 227
- Blogging und Microblogging 239
- Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
- Educasting 257
- Game-Based Learning 267
- Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
- Offene und partizipative Lernkonzepte 287
- Qualitätssicherung im E-Learning 301
- Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
- Lernen mit Videokonferenzen 319
- Simulationen und simulierte Welten 327
- Barrierefreiheit 343
- Genderforschung 355
- Zukunftsforschung 363
- Kognitionswissenschaft 373
- Diversität und Spaltung 387
- Lern-Service-Engineering 397
- Medientheorien 405
- Das Gesammelte interpretieren 413
- Wissensmanagement 421
- Sieht gut aus 427
- Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
- Interessen und Kompetenzen fördern 445
- Spielend Lernen im Kindergarten 455
- Technologieeinsatz in der Schule 465
- Technologie in der Hochschullehre 475
- Fernstudium an Hochschulen 483
- Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
- E-Learning in Organisationen 497
- Erwachsenen- und Weiterbildung 507
- Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
- Sozialarbeit 525
- Human- und Tiermedizin 531
- Online-Labore 539
- Mehr als eine Rechenmaschine 547
- Bildungstechnologien im Sport 557
- Fremdsprachen im Schulunterricht 569