Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Lehrbücher
L3T - Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
Seite - 130 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 130 - in L3T - Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien

Bild der Seite - 130 -

Bild der Seite - 130 - in L3T - Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien

Text der Seite - 130 -

130 Anthropologisch betrachtet sind Menschen im Konstruktivismus Erschaffer ihrer eigenen Realität (Welter- zeuger), die nicht nur reagieren oder Informationen verarbeiten, sondern gestaltend in ihre Umwelt eingrei- fen und diese verändern. Lehren und Lernen gelten als unterschiedliche Systeme, die allenfalls lose mitein- ander gekoppelt sind. Lehrende können Lernaktivitäten nur anstoßen und Lernende bei der Identifikation und Lösung komplexer Probleme unterstützen – entweder direkt durch soziale Interaktion oder indirekt durch die Gestaltung von Kontexten. Als Coaches haben Lehrende im Vergleich zu Lernenden zwar einen Erfahrungsvorsprung; die Zusammenarbeit aber wird als gleichberechtigt betrachtet. Das Kommunikations- verhältnis ist demnach nicht nur bidirektional, sondern ausgewogen (Baumgartner et al., 2004). Im Prinzip ist jedem intuitiv klar, dass Lernen auch in organisierten Bildungssituationen vieles heißen kann: Es kann heißen, (a) sich zu informieren, um bestimmte Fakten zu gegebener Zeit wiederzuerkennen, (b) sich neues Wissen anzueignen, um Prüfungen zu bestehen oder besser zu argumentieren, (c) Fähigkeiten aufzubauen, um sich anders zu verhalten oder anders zu handeln, (d) so kompetent zu werden, dass man sich zur Expertin bzw. zum Experten auf einem Gebiet entwickelt etc. Es erscheint kaum möglich, diese Vielfalt an Formen und Resultaten des Lernens mit einer Theorie beschreiben oder erklären zu wollen. Vor diesem Hintergrund muss man es nicht als Defizit betrachten, dass es mehrere Theoriesysteme des Lernens gibt, von denen ein jedes nur Aspekte des Lernens fokussiert und eine je spezifische Perspektive einnimmt: z.B. Lernen als Verhaltensänderung, als Informationsverarbeitung, als Bedeutungskonstruktion. In der Fol- ge werden Lehrenden und Lernenden unterschiedliche Rollen und Beziehungen zugewiesen und jeweils an- dere Lernergebnisse betrachtet: z.B. antrainiertes Verhalten und konditionierte Emotionen (im Behavioris- mus), erinnerte Informationen und erworbene Problemlösestrategien (im Kognitivismus), selbst entdeckte Einsichten und flexible Handlungsmuster (im Konstruktivismus). Genau das muss man wissen, um nicht dem Irrtum zu unterliegen, eine Theorie würde einem die Wahrheit über das Lernen mitteilen. Jede Lerntheorie spannt einen bestimmten Forschungsrahmen auf. In dieser Funktion werden speziell die großen Theoriesysteme des Lernens zu Paradigmen und bedingen die Sichtweise in der Wissenschaft, legen also bestimmte Forschungsfragen nahe (z.B. solche nach Mechanismen, Wirkungen oder Erschei- nungsformen von Lernen) und drängen andere zurück, lenken Strategien und Methoden der Datenerhebung (z.B. rezeptiv-beobachtend oder eingreifend-verändernd) und der Datenauswertung (z.B. quantitativer oder qualitativer Art) und definieren die Ausschnitte der Wirklichkeit, die wissenschaftlich bearbeitet werden. Lerntheorien prägen zudem die Vorstellung von erwünschten Formen des Lernens, nehmen damit direkt oder indirekt Einfluss auf (normativ wirkende) Auffassungen von Lehren in der Praxis und legen ein je- weils unterschiedliches Menschenbild nahe. Lerntheorien haben so gesehen eine sehr große, aber auch dif- fuse, oftmals implizite Wirkung auf Forscher/innen und Praktiker/innen gleichermaßen. Sie prägen mehr oder weniger dominierend den Zeitgeist einiger Jahre oder Jahrzehnte, ändern sich merklich oder unschein- bar und tun dies in der Regel in Verbindung z.B. mit anderen gesellschaftlichen, unter anderem auch tech- nologischen, Entwicklungen. Innerhalb des Rahmens, den Lernparadigmen aufspannen, entwickeln sich verschiedene Teiltheorien, die auch für Fragen des Lehrens bedeutsam sind (z.B. Selbstwirksamkeitstheorie, Schematheorie, Theorie des situierten Lernens) oder Modelle, die direkt das Lehren thematisieren (z.B. Reinmann, 2005): Bei- spielsweise stammt die programmierte Instruktion zum kleinschrittigen Aufbau klar eingegrenzter Kennt- nisse oder Fertigkeiten aus dem behavioristischen Forschungsumfeld; die Elaborationstheorie mit Leitlini- en zur lernförderlichen Aufbereitung von Inhalten ist das Ergebnis kognitivistischer Forschung; Modelle wie die Anchored Instruction oder Goal-based Scenarios, die ein Lernen in möglichst reichhaltigen oder au- thentischen Kontexten fördern, proklamieren für sich eine eher konstruktivistische Forschungsgrundlage. Modelle dieser Art können für Lehrende handlungsrelevant werden. Wie unmittelbar diese Handlungsrele- vanz ist, hängt davon ab, auf welchem Abstraktionsniveau die Modelle beschrieben sind. Lerntheorien im Sinne von Lernparadigmen dagegen haben keine unmittelbar handlungspraktische Relevanz.
zurück zum  Buch L3T - Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien"
L3T Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
Titel
L3T
Untertitel
Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
Herausgeber
Martin Ebner
Sandra Schön
Verlag
epubli GmbH
Ort
Berlin
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-SA 3.0
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
594
Schlagwörter
L3T, online
Kategorie
Lehrbücher

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 1
  2. Einführung 11
  3. Von der Kreidetafel zum Tablet 27
  4. Die Geschichte des WWW 39
  5. Hypertext 51
  6. Geschichte des Fernunterrichts 65
  7. Informationssysteme 75
  8. Webtechnologien 89
  9. Multimediale und interaktive Materialien 99
  10. Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
  11. Human-Computer-Interaction 117
  12. Didaktisches Handeln 127
  13. Medienpädagogik 139
  14. Systeme im Einsatz 147
  15. Kommunikation und Moderation 157
  16. Forschungszugänge und -methoden 167
  17. Planung und Organisation 177
  18. Literatur und Information 185
  19. Die „Netzgeneration“ 201
  20. Multimedia und Gedächtnis 209
  21. Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
  22. Prüfen mit Computer und Internet 227
  23. Blogging und Microblogging 239
  24. Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
  25. Educasting 257
  26. Game-Based Learning 267
  27. Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
  28. Offene und partizipative Lernkonzepte 287
  29. Qualitätssicherung im E-Learning 301
  30. Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
  31. Lernen mit Videokonferenzen 319
  32. Simulationen und simulierte Welten 327
  33. Barrierefreiheit 343
  34. Genderforschung 355
  35. Zukunftsforschung 363
  36. Kognitionswissenschaft 373
  37. Diversität und Spaltung 387
  38. Lern-Service-Engineering 397
  39. Medientheorien 405
  40. Das Gesammelte interpretieren 413
  41. Wissensmanagement 421
  42. Sieht gut aus 427
  43. Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
  44. Interessen und Kompetenzen fördern 445
  45. Spielend Lernen im Kindergarten 455
  46. Technologieeinsatz in der Schule 465
  47. Technologie in der Hochschullehre 475
  48. Fernstudium an Hochschulen 483
  49. Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
  50. E-Learning in Organisationen 497
  51. Erwachsenen- und Weiterbildung 507
  52. Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
  53. Sozialarbeit 525
  54. Human- und Tiermedizin 531
  55. Online-Labore 539
  56. Mehr als eine Rechenmaschine 547
  57. Bildungstechnologien im Sport 557
  58. Fremdsprachen im Schulunterricht 569
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
L3T