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Auch wenn Menschen prinzipiell vieles von ganz allein lernen, haben sich Bildungsinstitutionen, und damit
Formen des organisierten Lernens, letztlich als sinnvoll erwiesen. Überall dort, wo man von Unterricht
spricht (z.B. in der Schule, Hochschule und Weiterbildung), wird nicht nur gelernt, sondern auch gelehrt.
Trotzdem ist natürlich Lehren kein Garant dafür, dass gelernt wird. Lernen ist nicht machbar, aber man
kann durch die Art eines Unterrichts das Lernen durchaus beeinflussen, bestimmte Lernprozesse mehr oder
weniger wahrscheinlich machen etc. Das gilt auch für technologiegestütztes Lehren. Das Verhältnis von
Lernen und Lehren ist allerdings komplex und entspricht nicht einem einfachen Verhältnis gleich dem von
Geben und Nehmen, von Verkaufen und Kaufen, von Veräußern und Aneignen (Prange, 2005[1]). Lernen
und Lehren müssen in der Regel erst aufeinander abgestimmt werden. Lehren ist ein sozialer Prozess; Ler-
nen als Erfahrungsprozess ist dagegen letztlich individuell: Man kann sich beim Lernen nicht vertreten las-
sen (beim Lehren schon), sondern ist ganz auf sich angewiesen – selbst dann, wenn man mit und von ande-
ren lernt. Lehren ist stets in irgendeiner Form sichtbar; wie jemand lernt, ist dagegen weitgehend unsicht-
bar: Wir können das Lerngeschehen selbst nicht sehen; wir sehen nur die Bemühung und das Resultat, an
dem man abzulesen versucht, ob etwas gelernt worden ist oder nicht. Lehren ist ein Akt des Gestaltens, der
voraussetzt, dass es auch Lernende gibt. Lernen dagegen ist ein Akt der Rezeption und Konstruktion und
unabhängig von jedem Lehren möglich. Die folgende Argumentation orientiert sich an Prange (2005), der
allerdings nicht von „Lehren“, sondern vom „Zeigen“ spricht; seine Vorstellung vom Zeigen aber ist aus
meiner Sicht analog zum Lehren zu sehen (Die folgende Argumentation orientiert sich an Prange (2005),
der allerdings nicht von „Lehren“, sondern vom „Zeigen“ spricht; seine Vorstellung vom Zeigen aber ist
aus meiner Sicht analog zum Lehren zu sehen).
Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, Didaktik als Lehre vom Lehren und Lernen zu bezeichnen. Leh-
ren bedarf der Vorbereitung und lässt sich bis zu einem gewissen Grad planen. Technologiegestütztes Leh-
ren, so könnte man annehmen, muss man planen, allein schon deshalb, weil man z.B. die eingesetzten me-
dialen Inhalte und/oder digitalen Werkzeuge selten ad hoc (also unmittelbar in der Lernsituation) zur Verfü-
gung stellen kann. Unterrichtsplanung bzw. den Entwurf von Lernumgebungen (oder Teilen davon) kann
man Didaktisches Design nennen. Nun liegt es nahe, dass das Didaktische Design genau die Verfahren lie-
fert, die man braucht, um (technologiegestützten) Unterricht zu planen, in dem zumindest eine hohe Wahr-
scheinlichkeit besteht, dass auch gelernt wird. Ob diese Erwartung angemessen ist, lässt sich wiederum nur
klären, wenn man den Begriff des Didaktischen Designs genauer analysiert.
Im deutschsprachigen Raum ist der Begriff des Didaktischen Designs nicht so gängig wie z.B. die Begriffe
Mediendidaktik oder Fachdidaktik. Es gibt mehrere Quellen, aus denen sich der Begriff speist: unter ande-
rem die (Allgemeine) Didaktik und das Instructional-(System)-Design. Gegenstand des Didaktischen De-
signs sind Lernumgebungen bzw. (bezogen auf organisiertes Lernen) der Unterricht (im weitesten Sinne),
den es zu planen gilt; das Ergebnis sind entsprechend Unterrichtsentwürfe bzw. didaktische Szenarien.
Allgemeine Didaktik. Es besteht heute ein gewisser Konsens, unter Didaktik die Lehre vom Lehren
und Lernen zu verstehen, was allerdings keineswegs immer so war. Die weitaus größere deutschsprachige
Tradition stellte die Auswahl von Inhalten entsprechend ihrem Bildungsgehalt ins Zentrum und fokussiert
zudem Schule und Lehrerbildung. Das gilt in ähnlicher Form für die Allgemeine Didaktik, wobei sich hier
inzwischen ein breiteres Verständnis etabliert hat: „Ihr Gegenstand sind die Ziele, Inhalte und Methoden
des Unterrichts, seine Voraussetzungen sowie seine institutionellen Rahmungen.Sie zielt auf die reflektierte
und professionelle Gestaltung von Unterricht unter dem Anspruch von Bildung als einer regulativen Idee“
(Hericks, 2008, 62). Im Zusammenhang mit der (Allgemeinen) Didaktik wird begrifflich (ähnlich wie bei
Lerntheorien) nicht exakt zwischen Theorien und Modellen unterschieden (vgl. Terhart, 2009, 99 ff.): Häu-
fig ist von didaktischen Modellen die Rede; im Hintergrund aber können Bildungstheorien stehen. Der Mo-
dellbegriff ist allerdings ebenfalls mehrdeutig; oft wird ihm eine Mittlerrolle zwischen Theoriebildung und
Lehr-Lernpraxis zugewiesen (Kron, 2008, 57 f.). Didaktische Modelle sind Strukturmodelle und stellen zu-
sammen, welche Elemente (z.B. Lehrende, Lernende, Inhalte, Ziele, Methoden, Medien, Bedingungen) in
welcher Form zusammenhängen; oder es handelt sich um Verlaufsmodelle, in denen ein Unterrichtsablauf
dargestellt wird. Man kann die (Allgemeine) Didaktik als Dach bezeichnen; unter diesem behandelt das Di-
daktische Design einen Ausschnitt didaktisch relevanter Aufgaben. Insbesondere in Bezug auf die Ziele des
Lehrens und Lernens, aber auch mit Blick auf die Inhalte liefert die Allgemeine Didaktik einen Beitrag für
das Didaktische Design, der in anderen (englischsprachigen Traditionen) in dieser Form nicht zu finden ist.
L3T
Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Titel
- L3T
- Untertitel
- Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Herausgeber
- Martin Ebner
- Sandra Schön
- Verlag
- epubli GmbH
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 3.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 594
- Schlagwörter
- L3T, online
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Einführung 11
- Von der Kreidetafel zum Tablet 27
- Die Geschichte des WWW 39
- Hypertext 51
- Geschichte des Fernunterrichts 65
- Informationssysteme 75
- Webtechnologien 89
- Multimediale und interaktive Materialien 99
- Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
- Human-Computer-Interaction 117
- Didaktisches Handeln 127
- Medienpädagogik 139
- Systeme im Einsatz 147
- Kommunikation und Moderation 157
- Forschungszugänge und -methoden 167
- Planung und Organisation 177
- Literatur und Information 185
- Die „Netzgeneration“ 201
- Multimedia und Gedächtnis 209
- Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
- Prüfen mit Computer und Internet 227
- Blogging und Microblogging 239
- Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
- Educasting 257
- Game-Based Learning 267
- Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
- Offene und partizipative Lernkonzepte 287
- Qualitätssicherung im E-Learning 301
- Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
- Lernen mit Videokonferenzen 319
- Simulationen und simulierte Welten 327
- Barrierefreiheit 343
- Genderforschung 355
- Zukunftsforschung 363
- Kognitionswissenschaft 373
- Diversität und Spaltung 387
- Lern-Service-Engineering 397
- Medientheorien 405
- Das Gesammelte interpretieren 413
- Wissensmanagement 421
- Sieht gut aus 427
- Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
- Interessen und Kompetenzen fördern 445
- Spielend Lernen im Kindergarten 455
- Technologieeinsatz in der Schule 465
- Technologie in der Hochschullehre 475
- Fernstudium an Hochschulen 483
- Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
- E-Learning in Organisationen 497
- Erwachsenen- und Weiterbildung 507
- Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
- Sozialarbeit 525
- Human- und Tiermedizin 531
- Online-Labore 539
- Mehr als eine Rechenmaschine 547
- Bildungstechnologien im Sport 557
- Fremdsprachen im Schulunterricht 569