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Qualitative Verfahren beschäftigen sich demgegenüber mit der Qualität von Informationen: Hierzu wer-
den beispielsweise Texte im Hinblick auf typische Argumentationsmuster analysiert oder es wird zum Bei-
spiel versucht, mit Hilfe von Interviews mit Schüler/innen Informationen zu sammeln, die bei der Erklä-
rung der Zusammenhänge der Englischnote mit dem Smartphone-Besitz weiterhelfen können. So könnte
sich in einem offenen Gespräch ergeben, dass Kinder mit Smartphone häufiger mit ihren Eltern ins Ausland
fahren und dort Englisch sprechen müssen. Forscher/innen, die einen qualitativen Zugang wählen, verste-
hen sich dabei bewusst nicht als ein auf „Unabhängigkeit bedachter Beobachter“, sondern als „faktischer
oder virtueller Teilnehmer, Aufklärer, Advokat“ (Lamnek, 1995, 259). Es überrascht also nicht, dass sich
die beiden Zugänge auch darin unterscheiden, dass bei qualitativen Verfahren häufig nur eine kleine Zahl
von Untersuchungspersonen involviert ist.
Qualitative und quantitative Forschungsmethoden basieren auf unterschiedlichen methodologischen
Überlegungen. Ein Methodenmix, also die ergänzende Verwendung von quantitativen und qualitativen Ver-
fahren, um eine Fragestellung besser beantworten zu können, ist daher nicht unproblematisch (Lamnek,
1995, 251ff.). Für Verfahren, die sich einer solchen „Triangulation“ bedienen, sprechen jedoch einige Argu-
mente, und ihre Verzahnung erscheint auch methodologisch durchaus möglich (Kelle, 2008). So gibt es
Verfahren, bei denen beispielsweise gezählt wird, wie häufig eine bestimmte Argumentation oder Aussage
in Texten getätigt wird (vgl. Mayring, 2000). Triangulation wird dabei als Ideal von Forschung betrachtet:
„wie die Schenkel eines Triangels zusammengeschweißt sind, so sind qualitative und quantitative Analyse-
schritte miteinander zu verbinden, sie sind aufeinander angewiesen, um einen reinen Klang hervorbringen
zu können“ (Mayring, 1999, 122).
Abweichend von der häufig gewählten oben genannten Unterscheidung von quantitativen und qualitativen
Vorgehensweisen werden wir im Folgenden auf unterschiedliche Forschungsmethoden hinweisen, die wir
im Hinblick auf ihre Verortung im Forschungsprozess darstellen.
Es gibt zahlreiche Verfahren, beim technologiegestützten Lehren und Lernen Daten zu erheben. Zunächst
ist hier die Beobachtung zu nennen. Forscher/innen beobachten dabei unter kontrollierten Bedingungen
das Verhalten von Lerner/innen, auch mit Unterstützung von Video und anderen technischen Hilfsmitteln,
oder erfassen automatisiert Daten (z.B. durch Tracking). Eine weitere Datenerhebungsform sind Befragun-
gen, die (fern-)mündlich oder schriftlich erfolgen können (z.B. mit einem Web-Fragebogen). Dabei können
Einzelpersonen oder auch Gruppen adressiert werden (z.B. in Fokusgruppen-Interviews). Eine wichtige
Unterscheidung ist dabei die Form der Beantwortung oder Beobachtung: Werden offene Fragen gestellt be-
ziehungsweise Beobachtungskategorien oder Antwortoptionen („standardisiertes Verfahren“) vorgeben? Ei-
ne Sonderform einer Befragung kann ein Test sein (z.B. als Persönlichkeitstest). Tests werden jedoch auch
in der angewandten Informatik durchgeführt, wenn bestimmte Technologien nach vorher definierten Krite-
rien geprüft werden sollen (z.B. Performancetest).
Häufig wird versucht, mit Forschung einen bestimmten Zustand zu beschreiben, wobei in aller Regel
versucht wird, nicht in das System einzugreifen. Besonders spannend wird es immer dann, wenn versucht
wird, Unterschiede oder Zusammenhänge festzustellen, beispielsweise ob unterschiedliche Gruppen oder
Technologien unterschiedliche Ergebnisse liefern, ob Verhalten oder Leistungen durch unterschiedliche In-
terventionen beeinflusst werden oder wenn Zusammenhänge zwischen Merkmalen untersucht werden sol-
len. Hierzu müssen in aller Regel Daten zu mehreren Variablen erhoben werden, häufig auch zu mehreren
Zeitpunkten oder in verschiedenen Gruppen und mit verschiedenen Bedingungen. Als „Königsweg“ eines
naturwissenschaftlich orientierten Zugangs ist dabei das Experiment zu bezeichnen. Darunter wird ein
Versuch verstanden, bei dem eine Größe, die „unabhängige Variable“, systematisch verändert und so über-
prüft wird, wie sie das Ergebnis, die sogenannte „abhängige Variable“, beeinflusst. Die Herausforderung
dabei ist, alle anderen Variablen „unter Kontrolle zu haben“. Sollen Experimente zum Lernen und Lehren
durchgeführt werden, sind häufig Abstriche bei den idealen Experimentbedingungen zu machen. Häufig
können sie nicht unter Laborbedingungen, unter denen alle Variablen „unter Kontrolle sind“, durchgeführt
werden, sondern nur im „Feld“, das heißt zum Beispiel in einem Klassenzimmer.
L3T
Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Titel
- L3T
- Untertitel
- Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Herausgeber
- Martin Ebner
- Sandra Schön
- Verlag
- epubli GmbH
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 3.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 594
- Schlagwörter
- L3T, online
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Einführung 11
- Von der Kreidetafel zum Tablet 27
- Die Geschichte des WWW 39
- Hypertext 51
- Geschichte des Fernunterrichts 65
- Informationssysteme 75
- Webtechnologien 89
- Multimediale und interaktive Materialien 99
- Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
- Human-Computer-Interaction 117
- Didaktisches Handeln 127
- Medienpädagogik 139
- Systeme im Einsatz 147
- Kommunikation und Moderation 157
- Forschungszugänge und -methoden 167
- Planung und Organisation 177
- Literatur und Information 185
- Die „Netzgeneration“ 201
- Multimedia und Gedächtnis 209
- Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
- Prüfen mit Computer und Internet 227
- Blogging und Microblogging 239
- Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
- Educasting 257
- Game-Based Learning 267
- Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
- Offene und partizipative Lernkonzepte 287
- Qualitätssicherung im E-Learning 301
- Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
- Lernen mit Videokonferenzen 319
- Simulationen und simulierte Welten 327
- Barrierefreiheit 343
- Genderforschung 355
- Zukunftsforschung 363
- Kognitionswissenschaft 373
- Diversität und Spaltung 387
- Lern-Service-Engineering 397
- Medientheorien 405
- Das Gesammelte interpretieren 413
- Wissensmanagement 421
- Sieht gut aus 427
- Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
- Interessen und Kompetenzen fördern 445
- Spielend Lernen im Kindergarten 455
- Technologieeinsatz in der Schule 465
- Technologie in der Hochschullehre 475
- Fernstudium an Hochschulen 483
- Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
- E-Learning in Organisationen 497
- Erwachsenen- und Weiterbildung 507
- Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
- Sozialarbeit 525
- Human- und Tiermedizin 531
- Online-Labore 539
- Mehr als eine Rechenmaschine 547
- Bildungstechnologien im Sport 557
- Fremdsprachen im Schulunterricht 569