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Auch ist es oft (aus ethischen Gründen) nicht möglich, Teilnehmer/innen an Experimenten „zufällig“ aus-
zuwählen oder Gruppen zuzuteilen, es handelt sich dann um „Quasiexperimente“. Die Voraussetzungen ei-
nes experimentellen Designs sind beim Lernen und Lehren mit Technologien nur selten zu realisieren. In
der Forschungspraxis ist es oft schwierig, Vergleichsgruppen zu bilden. So sind die Unterschiede in zwei
Schulklassen (Lehrer/innen, Schüler/innen, Verteilungen) oft schon zu groß, um Wirkungen zweier unter-
schiedlicher Interventionen beurteilen zu können. Die Feldstudie ist zwar im Forschungsbereich eine uner-
lässliche Vorgehensweise, da die Ergebnisse oft vom Laborversuch deutlich abweichen, aber umgekehrt
auch viel schwieriger zu systematisieren. Sofern es nur um reine Technologien geht, beispielsweise um Per-
formancetests unter bestimmten Bedingungen, gibt es diese Schwierigkeiten nicht.
Bevor Daten ausgewertet werden, müssen die erhobenen Daten in aller Regel erst aufbereitet werden. Dann
liegen sie in unterschiedlichen Formaten vor, beispielsweise als Texte, Tabellen oder auch als Foto- oder
Videomaterial. Es gibt unterschiedliche Auswertungsmöglichkeiten, die jedoch auch von den spezifischen
Materialien abhängen.
So gibt es für Daten, die in Form von Zahlen vorliegen, zunächst einmal die Möglichkeit der quantita-
tiven Auswertungsmöglichkeiten. Deskriptive statistische Verfahren geben dabei einen Überblick über
Verteilungen, beispielsweise Durchschnittswerte oder Rangreihen. Die Berechnung des Korrelationskoeffi-
zienten ermöglicht so die Überprüfung, ob zwei Datensätze statistisch zusammenhängen. Die Clusteranaly-
se ist ein algorithmisches Verfahren, das auf „Häufelungen“ von Daten mit ähnlichen Merkmalsausprägun-
gen hinweisen kann. Die Soziale-Netzwerk-Analyse wertet beispielsweise Vernetzungsstrukturen im Hin-
blick auf entscheidende Knoten im Netzwerk der Beziehungen oder Kommunikationsflüsse aus. Bei Ver-
gleichen von Datensätzen, beispielsweise Gruppenvergleiche oder Prä- und Postdaten, kommen sogenannte
inferenzstatistische Verfahren zum Einsatz. Diese erlauben Aussagen darüber, ob Unterschiede in den
Gruppen durch den Zufall erklärt werden können oder statistisch bedeutsam sind. Bei sogenannten „Zu-
sammenhangstudien“ wird versucht zu klären, inwieweit zwei Faktoren voneinander abhängen. Hier kann
beispielweise das statistische Zusammenhangsmaß des Korrelationskoeffizienten berechnet werden. Solche
Verfahren werden auch bei explorativen Auswertungen eingesetzt, um beispielsweise auf besondere Zu-
sammenhänge aufmerksam zu werden (vgl. Kapitel #analytics).
Bei qualitativ orientierten Verfahren werden Daten im Hinblick auf inhaltliche Aspekte ausgewertet,
beispielsweise werden Text- und Inhaltsanalysen im Hinblick auf bestimmte Motive, Argumentationsstruk-
turen, Muster (engl. Pattern) oder Aussagen hin angefertigt. Manchmal werden diese Kriterien auch erst
während der Auswertung entwickelt. So beschreibt das Verfahren der „Grounded Theory“ (Glaser &
Strauss, 1967) die Entwicklung und Entstehung von Theorien auf Grundlage der Auswertung von qualitati-
ven Daten (in der Regel Texten). Gruppen können dabei verglichen werden, indem Besonderheiten identifi-
ziert werden. Fallstudienanalysen versuchen beispielsweise häufig, Erfolg- und oder Misserfolgskriterien
von Unternehmungen zu identifizieren.
Schließlich werden auch in der systematischen Entwicklung von neuartigen Konzepten und Systemen zahl-
reiche unterschiedliche Methoden eingesetzt, die mehr oder weniger genau vorschreiben, wie diese Ent-
wicklung stattfinden soll, um die angestrebten positiven Ergebnisse zu erhalten, um besonders ökonomisch
voran zu kommen oder auch, um besonders innovative Verfahren zu erhalten.
In der angewandten Informatik sind hier Prinzipien wie die iterative Softwareentwicklung, Prototyping,
Analysen von Einsatzpotentialen oder auch nutzer-/nutzerinnen-zentrierten- Anwendungsentwicklungen zu
nennen, wobei Letztere beispielsweise mit Hilfe der Persona-Methode gut zu den unterschiedlichen Anfor-
derungen und Nutzergruppen passen. Auch gibt es zahlreiche Vorschläge, wie man zu gelungenen Lernum-
gebungen und -materialien gelangt, zum Beispiel das ADDIE- oder das ARCS-Modell oder indem man Ar-
chitekturen solcher Informationssysteme entwirft. Auch gibt es Innovationsentwicklungsverfahren wie
Lead-User-Workshops, die hier Anleitungen geben können. Spezielle Methoden in der Usability-Forschung
(zum Beispiel Thinking Aloud oder Heuristische Evaluation) helfen, speziell die Mensch-Maschine-Inter-
aktion besser zu verstehen (siehe Kapitel #usability). Schließlich ermöglichen unterschiedliche Evaluati-
onsmethoden, die Entwicklung zu optimieren oder abschließend auf Stärken und Schwächen hinzuweisen.
L3T
Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Titel
- L3T
- Untertitel
- Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Herausgeber
- Martin Ebner
- Sandra Schön
- Verlag
- epubli GmbH
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 3.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 594
- Schlagwörter
- L3T, online
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Einführung 11
- Von der Kreidetafel zum Tablet 27
- Die Geschichte des WWW 39
- Hypertext 51
- Geschichte des Fernunterrichts 65
- Informationssysteme 75
- Webtechnologien 89
- Multimediale und interaktive Materialien 99
- Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
- Human-Computer-Interaction 117
- Didaktisches Handeln 127
- Medienpädagogik 139
- Systeme im Einsatz 147
- Kommunikation und Moderation 157
- Forschungszugänge und -methoden 167
- Planung und Organisation 177
- Literatur und Information 185
- Die „Netzgeneration“ 201
- Multimedia und Gedächtnis 209
- Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
- Prüfen mit Computer und Internet 227
- Blogging und Microblogging 239
- Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
- Educasting 257
- Game-Based Learning 267
- Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
- Offene und partizipative Lernkonzepte 287
- Qualitätssicherung im E-Learning 301
- Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
- Lernen mit Videokonferenzen 319
- Simulationen und simulierte Welten 327
- Barrierefreiheit 343
- Genderforschung 355
- Zukunftsforschung 363
- Kognitionswissenschaft 373
- Diversität und Spaltung 387
- Lern-Service-Engineering 397
- Medientheorien 405
- Das Gesammelte interpretieren 413
- Wissensmanagement 421
- Sieht gut aus 427
- Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
- Interessen und Kompetenzen fördern 445
- Spielend Lernen im Kindergarten 455
- Technologieeinsatz in der Schule 465
- Technologie in der Hochschullehre 475
- Fernstudium an Hochschulen 483
- Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
- E-Learning in Organisationen 497
- Erwachsenen- und Weiterbildung 507
- Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
- Sozialarbeit 525
- Human- und Tiermedizin 531
- Online-Labore 539
- Mehr als eine Rechenmaschine 547
- Bildungstechnologien im Sport 557
- Fremdsprachen im Schulunterricht 569