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Eine kognitive Belastung findet auch beim Effekt der geteilten Aufmerksamkeit (engl. ‚split attention‘)
statt (Chandler & Sweller, 1992). Und zwar dann, wenn zusammenhängende Abbildungen und Text räum-
lich und zeitlich voneinander getrennt dargestellt werden, so dass ein Teil der Information während des
Suchprozesses im Arbeitsgedächtnis bleiben muss, bis die relevante Information gefunden und verknüpft
werden kann. Durch diese geteilte Aufmerksamkeit entsteht eine unnötige kognitive Belastung. Stellen Sie
sich zum Beispiel vor, wenn in der Abbildung 2 nicht die Begriffe ‚Inhaltsbedingte Belastung‘ und ‚Medi-
enbedingte Belastung‘ stehen würden, sondern nur ‚Variante A‘ und ‚Variante B‘, und Sie müssen sich
dann erst im Text heraussuchen, was denn nun die Variante A oder B bedeutet. Optimal wäre hier, wenn es
eine visuelle Darstellung mit einer auditiven Erklärung dazu gibt und Sie optional den erklärenden Text
einblenden können.
Weitere zentrale Kernpunkte bei der Informationsverarbeitung stellen die Doppelcodierungstheorie so-
wie die Annahme der modalitätsspezifischen Verarbeitung in unserem Arbeitsgedächtnis dar.
Die Doppelcodierungstheorie von Paivio (1986) besagt, dass verbale (sei es als Text oder gesprochene
Sprache) und bildliche Informationsmaterialien unterschiedlich, aber parallel verlaufend verarbeitet, inter-
pretiert und mental repräsentiert werden. Außerdem wird von einer modalitätsspezifischen Verarbeitung
des Arbeitsgedächtnisses ausgegangen (Baddeley, 2003). Sowohl das sensorische als auch das Arbeitsge-
dächtnis weisen eine modalitätsspezifische Verarbeitung neuer Informationen auf. Würde man beispiels-
weise einen Lerninhalt als Text und Bild darstellen, würde man zwar gemäß der Doppelcodierungstheorie
beide Kodierungsformen berücksichtigen, aber nur den visuellen Kanal ausschöpfen, jedoch nicht den ‚Au-
dio-Kanal‘. Unter Umständen kann es hier wiederum zu einer Ressourcenüberschreitung und somit zu einer
kognitiven Belastung kommen. Gibt man jedoch statt des begleitenden Textes eine auditive Erklärung zu
dem Bild, gelingt die Informationsverarbeitung effektiver. Dieser Effekt ist in der Literatur auch als ‚Moda-
litätseffekt‘ (engl. ‚modality effect‘ bekannt; Mayer, 2009; siehe Tabelle 1).
Lernende müssen aufgrund diverser Repräsentationen eine kohärente mentale Wissensstruktur bil-
den. Die zu lernenden Informationen, die dabei zum Beispiel in Text und Bild dargestellt werden, müssen
als Gesamtsachverhalt richtig interpretiert und miteinander verknüpft werden, so dass der Lerninhalt kohä-
rent repräsentiert ist (Brünken et al., 2005). Dabei sollen die Informationen zusammenhängen, sich aufein-
ander beziehen und sich logisch ergänzen. Es gibt jedoch keine explizite Kohärenzbildungstheorie. Die bis-
herigen Arbeiten greifen auf die Strukturabbildungstheorie von Gentner (1983) zurück. Die unterschied-
lichen Repräsentationen wie etwa Text und Bild müssen zunächst getrennt voneinander analysiert und ver-
arbeitet werden. So werden etwa im Bild relevante Elemente identifiziert, miteinander verknüpft und in Be-
ziehung gesetzt. Auf dieser Ebene findet eine lokale Kohärenzbildung statt. In einem nächsten Schritt müs-
sen Text und Bild kombiniert werden, der Zusammenhang zwischen beiden muss hergestellt werden. Die-
ser Prozess wird bei Gentner (1983) Strukturabbildung (engl. ‚structure mapping‘) genannt oder auch als
globale Kohärenzbildung bezeichnet (Brünken et al., 2005).
Dieser Strukturabbildungsprozess gelingt nicht immer. Zum einen kann es durch die Überschreitung der
Ressourcen des Arbeitsgedächtnisses und zum anderen aufgrund des geringen Vorwissens zu Problemen
bei der Strukturabbildung kommen. Maßnahmen zur Förderung der Strukturabbildung stellen jene dar, die
zu einer Reduzierung der extrinsischen Belastung und zur Erhöhung der lernförderlichen kognitiven Belas-
tung führen. Nachfolgend sollen einige wichtige instruktionale Maßnahmen vorgestellt werden. Die Prinzi-
pien von Mayer (2009) gehen auf seine kognitive Theorie des multimedialen Lernens zurück, die auf der
Annahme basiert, dass es einen verbalen und einen auditiven Verarbeitungskanal im Arbeitsgedächtnis mit
beschränkten Ressourcen gibt. Lernen bedeutet dabei aktives Selektieren, Organisieren und Integrieren von
Informationen.
L3T
Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Titel
- L3T
- Untertitel
- Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Herausgeber
- Martin Ebner
- Sandra Schön
- Verlag
- epubli GmbH
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 3.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 594
- Schlagwörter
- L3T, online
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Einführung 11
- Von der Kreidetafel zum Tablet 27
- Die Geschichte des WWW 39
- Hypertext 51
- Geschichte des Fernunterrichts 65
- Informationssysteme 75
- Webtechnologien 89
- Multimediale und interaktive Materialien 99
- Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
- Human-Computer-Interaction 117
- Didaktisches Handeln 127
- Medienpädagogik 139
- Systeme im Einsatz 147
- Kommunikation und Moderation 157
- Forschungszugänge und -methoden 167
- Planung und Organisation 177
- Literatur und Information 185
- Die „Netzgeneration“ 201
- Multimedia und Gedächtnis 209
- Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
- Prüfen mit Computer und Internet 227
- Blogging und Microblogging 239
- Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
- Educasting 257
- Game-Based Learning 267
- Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
- Offene und partizipative Lernkonzepte 287
- Qualitätssicherung im E-Learning 301
- Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
- Lernen mit Videokonferenzen 319
- Simulationen und simulierte Welten 327
- Barrierefreiheit 343
- Genderforschung 355
- Zukunftsforschung 363
- Kognitionswissenschaft 373
- Diversität und Spaltung 387
- Lern-Service-Engineering 397
- Medientheorien 405
- Das Gesammelte interpretieren 413
- Wissensmanagement 421
- Sieht gut aus 427
- Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
- Interessen und Kompetenzen fördern 445
- Spielend Lernen im Kindergarten 455
- Technologieeinsatz in der Schule 465
- Technologie in der Hochschullehre 475
- Fernstudium an Hochschulen 483
- Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
- E-Learning in Organisationen 497
- Erwachsenen- und Weiterbildung 507
- Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
- Sozialarbeit 525
- Human- und Tiermedizin 531
- Online-Labore 539
- Mehr als eine Rechenmaschine 547
- Bildungstechnologien im Sport 557
- Fremdsprachen im Schulunterricht 569