Seite - 296 - in L3T - Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
Bild der Seite - 296 -
Text der Seite - 296 -
296
Achtung Verwechslungsgefahr! Das Konzept des Flipped Classroom dreht sich im Kern nicht um „Video-
Lernen“ (Fischer & Spannagel, 2012, 227; Handke, 2012, 39). In manchen journalistischen Artikeln (zum
Beispiel Drösser & Heuser, 2013) wird die Bereitstellung von Lernvideos wie in der Khan Academy
(https://www.khanacademy.org/) oder das Konzept der MOOCs (siehe oben) mit dem Konzept des Flipped
Classrooms verwechselt. Im Flipped Classroom kann die Rezeption von Videovorträgen ein Element sein,
muss es aber nicht, die Online-Phase kann auch mit anderem Material und Interaktionen gestaltet werden.
Wichtiger ist die „Wertschätzung der Präsenzzeit“ (van Treeck et al., 2013, 70; auch Sams, 2012, 21): Ler-
nen während des face-to-face-Kontakts steht hier im Mittelpunkt (vgl. zum Unterschied zwischen Flipped
Classroom und MOOCs auch das Videointerview von Claudia Bremer und Christian Spannagel unter http://
www.youtube.com/watch?v=gvWuzL_yKak). Mit der starken konzeptionellen Verbindung der Online- und
der Offline-Phase bewegt sich das Konzept des Flipped Classroom also in der Diskussion um Blended
Learning (#Grundlagen – Barbecue-Typologie). Bremer (o. J.) systematisiert dazu Möglichkeiten der On-
line-Vor- oder Nachbereitung.
Betrachtet man neben der Vorlesung andere Lehrformate (Modul mit Vorlesung, Praktikum, Übung), stellt
sich die Frage, wie sich eine Übung vom Präsenzteil einer geflippten Vorlesung unterscheidet. So ist es mit-
unter üblich, dass die Übung nicht von Professorinnen oder Professoren durchgeführt wird und Studierende
ausschließlich in der umgedrehten Vorlesung die Möglichkeit haben, mit den Hochschullehrenden in direk-
ten Austausch zu treten. Die Übung wird dazu genutzt, zusätzliche Aufgaben zur Wiederholung und zur
Elaboration der Themen zu bearbeiten. Ein curricular eingebundenes Modell – mit starker Online-Beglei-
tung sowie ausgebauten Praxisphasen und „auf die digitalen Lerneinheiten abgestimmten E-Tests“ (Hand-
ke, 2012, 49) – haben Bonnet, Hansmeier und Kämper (2013) vorgestellt.
Grundlage dafür, dass die Vorlesung auch geflipped werden kann, ist die Vorbereitung der Studierenden.
Ohne diese kann in der Präsenzveranstaltung nicht vertiefend gearbeitet werden. Unterbleibt die Vorberei-
tung oder wird sie nicht durch die Vertiefung/den Transfer in der Präsenzveranstaltung ergänzt, bleiben also
Studierende der Veranstaltung fern, erhalten Lehrende weniger Einblicke in die Lernprozesse dieser Studie-
renden als bei einer klassischen Veranstaltung und können dann ihrer Aufgabe zur Lernbegleitung kaum
gerecht werden. Dem können Grundprinzipien der Lehrgestaltung sowie der Gestaltungsprinzipien für die
bereitgestellten Videos/Materialien (siehe unten) entgegenwirken – neben einer Beachtung der Arbeitsbe-
lastung (engl. ‚workload’). Prenzel (1996) nennt folgende motivationsförderliche Faktoren:
Die Studierenden können unterschiedliche Wege wählen, wie sie sich vorbereiten (beispielsweise
Videos und/oder Texte; Autonomie-Erleben).
Den Studierenden wird transparent gemacht, mit welchem Ziel sie sich auf die Lehrveranstaltung
vorbereiten (Transparenz/Instruktionsqualität).
Die Hinweise zur Rezeption der Videos berücksichtigen konkret das Vorwissen der Studierenden
und werden mit den Vortragsinhalten verknüpft (zum Beispiel Notizen machen zu neuen Erkenntnis-
sen, Beispiele finden, Fragen festhalten; Kompetenzerleben).
Die Betrachtung der Videos im Team/Tandem wird gefördert (Krüger, 2010; soziale Einbindung).
Vortragsvideos sollten nicht mehr als 10-20 Minuten umfassen. Nach Möglichkeit sollte das Gesichtsfeld
der Vortragenden eingeblendet sein: Dies ermöglicht es den Lehrenden, ihre Persönlichkeit einzubringen,
und die Begeisterung für das Thema wird auch den Studierenden sichtbar. Da auch die Interpretation der
Mimik beziehungsweise genauer des Mundbereichs der Vortragenden wichtig für das Hörverstehen ist (Le-
onhardt, 2002, 170-171), erleichtert die Einblendung es außerdem, dem Vortrag zu folgen. Die Untertite-
lung der Videos verschafft zusätzlich einer weiteren Studierendengruppe (zum Beispiel Hörgeschädigten)
einen leichteren Zugang und unterstützt die mehrfache Codierung der Inhalte.
L3T
Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Titel
- L3T
- Untertitel
- Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Herausgeber
- Martin Ebner
- Sandra Schön
- Verlag
- epubli GmbH
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 3.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 594
- Schlagwörter
- L3T, online
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Einführung 11
- Von der Kreidetafel zum Tablet 27
- Die Geschichte des WWW 39
- Hypertext 51
- Geschichte des Fernunterrichts 65
- Informationssysteme 75
- Webtechnologien 89
- Multimediale und interaktive Materialien 99
- Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
- Human-Computer-Interaction 117
- Didaktisches Handeln 127
- Medienpädagogik 139
- Systeme im Einsatz 147
- Kommunikation und Moderation 157
- Forschungszugänge und -methoden 167
- Planung und Organisation 177
- Literatur und Information 185
- Die „Netzgeneration“ 201
- Multimedia und Gedächtnis 209
- Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
- Prüfen mit Computer und Internet 227
- Blogging und Microblogging 239
- Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
- Educasting 257
- Game-Based Learning 267
- Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
- Offene und partizipative Lernkonzepte 287
- Qualitätssicherung im E-Learning 301
- Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
- Lernen mit Videokonferenzen 319
- Simulationen und simulierte Welten 327
- Barrierefreiheit 343
- Genderforschung 355
- Zukunftsforschung 363
- Kognitionswissenschaft 373
- Diversität und Spaltung 387
- Lern-Service-Engineering 397
- Medientheorien 405
- Das Gesammelte interpretieren 413
- Wissensmanagement 421
- Sieht gut aus 427
- Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
- Interessen und Kompetenzen fördern 445
- Spielend Lernen im Kindergarten 455
- Technologieeinsatz in der Schule 465
- Technologie in der Hochschullehre 475
- Fernstudium an Hochschulen 483
- Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
- E-Learning in Organisationen 497
- Erwachsenen- und Weiterbildung 507
- Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
- Sozialarbeit 525
- Human- und Tiermedizin 531
- Online-Labore 539
- Mehr als eine Rechenmaschine 547
- Bildungstechnologien im Sport 557
- Fremdsprachen im Schulunterricht 569