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Seit der Verbreitung des Telefons gab es immer wieder die Vision und den Wunsch, das Gegenüber nicht
nur zu hören, sondern auch zu sehen. Bereits in der 30er Jahren des letzten Jahrhunderts gab es mit der Ein-
führung der Fernsehsprechzelle erste Versuche, Bild- und Tonübertragungen vorzunehmen, die dann in den
späten 1960er Jahren mit der Einführung des Picturephones fortgeführt wurden – wirklich erfolgreich wa-
ren beide Ansätze nicht. Erst mit der Verbreitung des Internets Ende der 1990er Jahre erlebt die Videokon-
ferenz einen neuen Aufschwung – insbesondere seitdem die Übertragung von Bild und Ton auch über die
Web-Standards möglich geworden ist und ausreichend Bandbreiten zur Verfügung stehen (Flessner, 2000).
Betrachtet man Lernszenarien in Videokonferenzen, dann stellt sich die Frage, inwieweit sich diese vom
Lernen Face-to-Face (das heißt, Lernende und Lehrende befinden sich an einem gemeinsamen Ort) oder
von anderen Formen des E-Learnings unterscheiden. Diese Frage lässt sich sowohl auf einer technischen
als auch auf einer didaktischen Ebene beantworten. Technisch fokussiert diese Frage auf Aspekte wie den
Aufwand, mit dem sich Lernen in Videokonferenzen realisieren lässt, und wie einfach der Zugang der Ler-
nenden zu solchen Lernszenarien ist. Die Beantwortung dieser Frage ist von der verwendeten Infrastruktur
abhängig und kann daher erst in der konkreten Anwendung berücksichtigt werden (Hinweise dazu finden
Sie am Ende des Kapitels). An dieser Stelle liegt der Fokus auf dem didaktischen Aspekt, das heißt, wie
sich charakteristische Eigenschaften von Videokonferenzen so einsetzen lassen, dass die Lernenden davon
besonders profitieren: Synchrone sprachliche Kommunikation, durch die elaborierte Erklärungen und inter-
aktive Diskussionen ermöglicht werden, und Application-Sharing, wodurch die Lernenden gleichzeitig auf
einen gemeinsam sichtbaren Arbeitsbereich zugreifen können. Dadurch eignen sich Videokonferenzen be-
sonders für kooperative Lernszenarien, die von interaktiver Kommunikation wie Tutoring oder Coaching
profitieren, und für Szenarien, die eine gemeinsame Lösungs- oder Entscheidungsfindung beinhalten. As-
pekte beider Szenarien sollen im Folgenden kurz charakterisiert werden:
Tutoring- und Coaching-Szenarien zeichnen sich durch unterschiedlich hohe Expertise der Teilneh-
mer/innen aus. Dabei leitet eine Person mit hoher Expertise eine oder mehrere Personen mit geringerer Ex-
pertise über Videokonferenz an. Der besondere Beitrag der Videokonferenz in solchen Situationen besteht
in der Möglichkeit, zusätzliche Anwendungen oder Werkzeuge in den Lernprozess zu integrieren und da-
durch gemeinsame Referenzpunkte zu schaffen (Ertl, 2007).
Bei der kooperativen Lösungs- oder Entscheidungsfindung diskutieren Lernende mit vergleichbarer
Expertise gemeinsam Fragestellungen oder erarbeiten gemeinsam eine Problemlösung. Hier stehen die ge-
meinsame Diskussion und Problemreflexion im Vordergrund. Der spezifische Beitrag der Videokonferenz
besteht in solchen Szenarien aus dem Bereitstellen eines hoch interaktiven Kommunikationsmediums und
gemeinsamer Arbeitsdokumente für die Lerngruppe (Paechter, Kreisler & Maier, 2010).
Weitere didaktische Szenarien können Vorlesungen über Videokonferenzen umfassen. Die Übertragung
von Vorlesungen erfolgt in speziellen, technisch entsprechend ausgestatteten Hörsälen. Interaktive White-
boards (die technisierte Form der Wandtafel), spezielle Softwareprogramme und eine ausreichend hohe
Übertragungsrate der Netzwerke sind dafür hilfreich. Die Lerninhalte werden zudem meist archiviert. Vor-
lesungen werden aufgezeichnet und ins Netz gestellt oder Dozierende erstellen Präsentationen ausschließ-
lich für das Netz (vgl. VCC, siehe Literaturverzeichnis). Ergänzend dazu gibt es Ansätze, dass sich die ein-
zelnen Teilnehmer/innen vom eigenen Computer aus an einem Videokonferenz-Seminar beteiligen; Gestal-
tungsvorschläge für das Design solcher Seminare und konkrete Anforderungen an Tutorinnen und Tutoren
von Videokonferenz-Seminaren finden sich unter anderem bei Keller (2009). Er beschreibt auch Spezifika
der Seminarsituation Videokonferenz. Insgesamt ist die Kommunikation beim Lernen mit Hilfe von Video-
konferenzen der Face-to-Face-Kommunikation eher ähnlich; dennoch gibt es Unterschiede. Diese sollen im
Folgenden näher betrachtet werden.
L3T
Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Titel
- L3T
- Untertitel
- Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Herausgeber
- Martin Ebner
- Sandra Schön
- Verlag
- epubli GmbH
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 3.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 594
- Schlagwörter
- L3T, online
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Einführung 11
- Von der Kreidetafel zum Tablet 27
- Die Geschichte des WWW 39
- Hypertext 51
- Geschichte des Fernunterrichts 65
- Informationssysteme 75
- Webtechnologien 89
- Multimediale und interaktive Materialien 99
- Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
- Human-Computer-Interaction 117
- Didaktisches Handeln 127
- Medienpädagogik 139
- Systeme im Einsatz 147
- Kommunikation und Moderation 157
- Forschungszugänge und -methoden 167
- Planung und Organisation 177
- Literatur und Information 185
- Die „Netzgeneration“ 201
- Multimedia und Gedächtnis 209
- Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
- Prüfen mit Computer und Internet 227
- Blogging und Microblogging 239
- Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
- Educasting 257
- Game-Based Learning 267
- Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
- Offene und partizipative Lernkonzepte 287
- Qualitätssicherung im E-Learning 301
- Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
- Lernen mit Videokonferenzen 319
- Simulationen und simulierte Welten 327
- Barrierefreiheit 343
- Genderforschung 355
- Zukunftsforschung 363
- Kognitionswissenschaft 373
- Diversität und Spaltung 387
- Lern-Service-Engineering 397
- Medientheorien 405
- Das Gesammelte interpretieren 413
- Wissensmanagement 421
- Sieht gut aus 427
- Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
- Interessen und Kompetenzen fördern 445
- Spielend Lernen im Kindergarten 455
- Technologieeinsatz in der Schule 465
- Technologie in der Hochschullehre 475
- Fernstudium an Hochschulen 483
- Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
- E-Learning in Organisationen 497
- Erwachsenen- und Weiterbildung 507
- Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
- Sozialarbeit 525
- Human- und Tiermedizin 531
- Online-Labore 539
- Mehr als eine Rechenmaschine 547
- Bildungstechnologien im Sport 557
- Fremdsprachen im Schulunterricht 569