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L3T - Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
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378 Rückwirkend kann man die klassische Kognitionswissenschaft als Unterfangen betrachten, jahrhunder- tealte Vorstellungen über die menschliche Kognition mit Hilfe einer zu ihrer Zeit revolutionären neuen Me- thode auszutesten: der Computersimulation. Dadurch haben wir die jahrhundertealte Hypothese, menschli- ches Denken bestünde in der Verarbeitung von Symbolen, über Bord werfen können und eine ganze Menge über uns gelernt. Unsere Vorstellung, was menschliche Kognition in ihrem Kern ausmacht, hat sich drama- tisch verschoben. Fähigkeiten, die keine weitere Beachtung fanden, wie Sprechen, den Heimweg finden oder die Fähigkeit, über einen Witz zu lachen, können gewürdigt werden. Darüber hinaus wurde auch klar, dass sowohl formale als auch natürliche Sprachen nur einen Teil der Welt repräsentieren können und in die- sem Ansatz viele feine Nuancen, emotionale Zustände, implizite Bedeutungen, etc., die für kognitive Pro- zesse oft entscheidend sind, unberücksichtigt bleiben. Aber was hat das alles in einem Buch über Lernen und Lehren mit Technologien zu suchen? Der Einfluss der klassischen Kognitionswissenschaft ist in vielen wissenschaftlichen Bereichen (ebenso wie in unserer Alltagsauffassung von Kognition) nach wie vor erkennbar, was sich sowohl in den Metaphern ausdrückt, mit denen Lernprozesse beschrieben werden, als auch in deren, häufig implizit angenommenen, Wissensbe- griffen. Wann immer es um Lernen und Erinnern geht, ist die Computermetapher „Kognition ist Informations- verarbeitung“ allgegenwärtig: Es wird von Abspeichern, Updaten, Speichern, Informationsverarbeitung und Abrufen gesprochen. Unser Gedächtnis wird von der kognitiven Psychologie in sensorisches Gedächt- nis, Arbeitsgedächtnis und Langzeitgedächtnis eingeteilt, zwischen denen Information fließt (Zimbardo, 2004, 298). Wie wir gesehen haben, ist es kein Zufall, dass dieses Modell damit in wesentlichen Teilen Neumanns Computerarchitektur entspricht. Treffen diese Ausdrücke den Kern der Sache? Oder suggerieren Sie eine spezifische Sichtweise, die den Blick auf Wesentliches verstellt? Vieles deutet darauf hin, dass Letzteres der Fall ist, denn diese Sichtweise auf Kognition und Gedächtnis funktioniert nur mit einem Wissensbe- griff, der folgende Eigenschaften aufweist: Wissen beschreibt die Welt, Wissen besteht aus Einheiten (und ist damit in gewisser Weise quantifizierbar), Wissen ist strukturunabhängig, das heißt es kann gespeichert und abgerufen werden, ohne sich qua- litativ zu verändern und Wissenseinheiten können nach Bedarf miteinander in Beziehung gesetzt und getrennt werden. Kurz gesagt: Wissen verhält sich wie Information, wobei mitschwingt, dass es bezüglich der Bedeutung zwischen der gesendeten und der empfangenen Information keinen Unterschied gibt. Ein solcher Wissens- begriff behandelt Wissen nicht nur als Objekt, sondern suggeriert zusätzlich eine Objektivität (im Sinne von invarianten und subjektunabhängigen Bedeutungen) von Wissen. In einem Bildungskontext suggeriert ein solches Modell unterschwellig zumindest folgende Annahmen: Beim Lernen geht es darum, etwas zu memorieren und bei Bedarf korrekt zu reproduzieren, dieses Etwas, das gelernt werden soll, stellt für alle, die es lernen sollen, dieselbe Einheit dar und kann so kommuniziert werden, dieses Etwas besitzt eine gewisse Objektivität und Unveränderbarkeit und Lernen ist eine intellektuelle Angelegenheit, bei der dem Körper (inkl. Emotionen) und dem sozia- len Umfeld bestenfalls die Rolle des Motivators zukommt. Polemisch ausgedrückt, macht ein solcher Wissensbegriff Lehrende zu Bereitstellenden von Information, während Lernende zum beliebigen Container für Wissensobjekte werden. Selbstverständlich gehen wir nicht davon aus, dass Lehrende die skizzierte Position ernsthaft vertreten, es ist uns aber wichtig herauszu- arbeiten, was in der Computermetapher für menschliches Denken implizit mitschwingt, das heißt, welche Fragen und Schlussfolgerungen sie fördert und wo sie blinde Flecken hat. Gerade im Bereich des Lehrens und Lernens mit Technologien – also unter Einsatz eines Computers – ist es besonders verführerisch, Wis- sen als Objekt zu behandeln, wie im Konzept von Lernobjekten. Im Bereich des E-Learning findet es sich in mediendidaktischen Konzepten wieder, die von einer De- und Rekontextualisierbarkeit von Wissen (zum Beispiel in Swertz, 2004) oder, wie das Microlearning (Hug, 2005) auf Wissensbrocken basieren. Wir möchten das nicht als Verurteilung verstanden wissen, als Elemente eines umfassenderen didaktischen Konzepts können sie durchaus sinnvoll eingesetzt werden. Was wir herausarbeiten möchten ist, wie eine Metapher – nämlich menschliche Kognition funktioniert wie ein Computer – und die Verwendung des Computers konzeptuell nahtlos zusammengehen und eine Allianz bilden, die einen naiven Wissensbegriff transportiert und eine Didaktik des Wissenstransfers nahelegt.
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L3T Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
Titel
L3T
Untertitel
Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
Herausgeber
Martin Ebner
Sandra Schön
Verlag
epubli GmbH
Ort
Berlin
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-SA 3.0
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
594
Schlagwörter
L3T, online
Kategorie
Lehrbücher

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 1
  2. Einführung 11
  3. Von der Kreidetafel zum Tablet 27
  4. Die Geschichte des WWW 39
  5. Hypertext 51
  6. Geschichte des Fernunterrichts 65
  7. Informationssysteme 75
  8. Webtechnologien 89
  9. Multimediale und interaktive Materialien 99
  10. Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
  11. Human-Computer-Interaction 117
  12. Didaktisches Handeln 127
  13. Medienpädagogik 139
  14. Systeme im Einsatz 147
  15. Kommunikation und Moderation 157
  16. Forschungszugänge und -methoden 167
  17. Planung und Organisation 177
  18. Literatur und Information 185
  19. Die „Netzgeneration“ 201
  20. Multimedia und Gedächtnis 209
  21. Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
  22. Prüfen mit Computer und Internet 227
  23. Blogging und Microblogging 239
  24. Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
  25. Educasting 257
  26. Game-Based Learning 267
  27. Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
  28. Offene und partizipative Lernkonzepte 287
  29. Qualitätssicherung im E-Learning 301
  30. Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
  31. Lernen mit Videokonferenzen 319
  32. Simulationen und simulierte Welten 327
  33. Barrierefreiheit 343
  34. Genderforschung 355
  35. Zukunftsforschung 363
  36. Kognitionswissenschaft 373
  37. Diversität und Spaltung 387
  38. Lern-Service-Engineering 397
  39. Medientheorien 405
  40. Das Gesammelte interpretieren 413
  41. Wissensmanagement 421
  42. Sieht gut aus 427
  43. Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
  44. Interessen und Kompetenzen fördern 445
  45. Spielend Lernen im Kindergarten 455
  46. Technologieeinsatz in der Schule 465
  47. Technologie in der Hochschullehre 475
  48. Fernstudium an Hochschulen 483
  49. Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
  50. E-Learning in Organisationen 497
  51. Erwachsenen- und Weiterbildung 507
  52. Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
  53. Sozialarbeit 525
  54. Human- und Tiermedizin 531
  55. Online-Labore 539
  56. Mehr als eine Rechenmaschine 547
  57. Bildungstechnologien im Sport 557
  58. Fremdsprachen im Schulunterricht 569
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