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Nun könnte man einwenden, dass es egal sei, mit welchem Wissensbegriff jemand lernt, die Fakten sei-
en schließlich klar durch den Kursinhalt oder vom Lehrplan vorgegeben. Der Wissensbegriff, mit dem Ler-
nende ans Lernen herangehen, ist aber wesentlich für einen nachhaltigen Lernerfolg. Ference Marton und
Roger Säljö haben in einer Studie (1976) zwei qualitativ unterschiedliche Lernstrategien identifizieren kön-
nen, die sie als Surface Learning (oberflächliches Lernen) und Deep Learning (tiefes, profundes Lernen)
bezeichnen. Letzteres ist der Wunsch aller Lehrenden: Lernende, die intrinsisch motiviert um profundes
Verstehen ringen und das Gelernte mit Vorwissen und Erfahrung verknüpfen. Gerade im Kontext unseres
Bildungssystems kommt es leider viel zu häufig zur alternativen Strategie des Surface Learning. Lernende
lernen isolierte Fakten ohne eigene Motivation auswendig, um sie bei Bedarf zu reproduzieren (und ggf.
gleich wieder zu vergessen), ein Verhalten das auch gerne als Bulimie-Lernen bezeichnet wird (Tabelle 2
stellt die beiden Lernstrategien noch einmal gegenüber). Ein Wissensbegriff, der auf einzelne Fakten fokus-
siert, also Wissen als isolierte Wissensobjekte behandelt, legt eine Surface Learning-Strategie nahe: Wenn
ich alle Fakten gelernt habe, ist das Wissen erworben. Mit der Computermetapher für menschliche Kogniti-
on liefert der Kognitivismus eine Sicht auf menschliche Kognition, die eben diese Wissenskonzeption un-
terstützt.
Forderungen nach einer Didaktik, die mehr leistet als ein Fokussieren auf Faktenwissen, gibt es spätes-
tens seit der Reformpädagogik. Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat sich die Sicht auf menschliche Kogniti-
on sehr gewandelt und wir möchten Sie einladen, sich mit uns wieder auf die Ebene der kognitionswissen-
schaftlichen Grundlagenforschung zu begeben und Teile dieser Entwicklung mit uns nachzuvollziehen, die
Konsequenzen für unser Bild von Lernen und Wissen haben sowie den Einsatz von Technologien vor die-
sem Hintergrund zu reflektieren.
Wie oben ausgeführt, führte die Sichtweise der klassischen Kognitionswissenschaft zu einer starken Kritik,
wobei in unserem Kontext ein zentraler Punkt ist, dass die oben skizzierten Systeme nicht lernen konnten.
Mitte der 1980er Jahre kam es, ausgelöst durch eine in dem Doppelband „Parallel Distributed Processing“
von David E. Rumelhart und James F. McClelland (1986) veröffentlichte Sammlung von Einzelarbeiten, zu
einem Siegeszug eines neurowissenschaftlich inspirierten Modells, das bislang vom Mainstream der Kogni-
tionswissenschaft ignoriert worden war: die Künstlichen neuronalen Netze (KNN).
L3T
Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Titel
- L3T
- Untertitel
- Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Herausgeber
- Martin Ebner
- Sandra Schön
- Verlag
- epubli GmbH
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 3.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 594
- Schlagwörter
- L3T, online
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Einführung 11
- Von der Kreidetafel zum Tablet 27
- Die Geschichte des WWW 39
- Hypertext 51
- Geschichte des Fernunterrichts 65
- Informationssysteme 75
- Webtechnologien 89
- Multimediale und interaktive Materialien 99
- Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
- Human-Computer-Interaction 117
- Didaktisches Handeln 127
- Medienpädagogik 139
- Systeme im Einsatz 147
- Kommunikation und Moderation 157
- Forschungszugänge und -methoden 167
- Planung und Organisation 177
- Literatur und Information 185
- Die „Netzgeneration“ 201
- Multimedia und Gedächtnis 209
- Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
- Prüfen mit Computer und Internet 227
- Blogging und Microblogging 239
- Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
- Educasting 257
- Game-Based Learning 267
- Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
- Offene und partizipative Lernkonzepte 287
- Qualitätssicherung im E-Learning 301
- Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
- Lernen mit Videokonferenzen 319
- Simulationen und simulierte Welten 327
- Barrierefreiheit 343
- Genderforschung 355
- Zukunftsforschung 363
- Kognitionswissenschaft 373
- Diversität und Spaltung 387
- Lern-Service-Engineering 397
- Medientheorien 405
- Das Gesammelte interpretieren 413
- Wissensmanagement 421
- Sieht gut aus 427
- Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
- Interessen und Kompetenzen fördern 445
- Spielend Lernen im Kindergarten 455
- Technologieeinsatz in der Schule 465
- Technologie in der Hochschullehre 475
- Fernstudium an Hochschulen 483
- Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
- E-Learning in Organisationen 497
- Erwachsenen- und Weiterbildung 507
- Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
- Sozialarbeit 525
- Human- und Tiermedizin 531
- Online-Labore 539
- Mehr als eine Rechenmaschine 547
- Bildungstechnologien im Sport 557
- Fremdsprachen im Schulunterricht 569